Stehsatz

Josephine Tinapp, 4. Semester, mediadesign.de, München
Unikatbuch (4. Semester): Josephine Tinapp

Dem Unikatbuch unter dem Leitthema »kafkaesque« liegt die Idee zugrunde, einige markante Auszüge aus Kafkas Erzählung »Die Verwandlung« zu visualisieren. Pro Seite wurden kurze Textpassagen abgebildet und daraus jeweils ein Wort oder ein Satz herausgegriffen, der schließlich typografisch umgesetzt wurde. Diese bilden spannende Kompositionen, die in erster Linie kafkaesk — also grotesk, verzerrt, mitunter irritierend und teilweise auch unleserlich — aussehen sollen. Gegen Ende der Arbeit wurde mit ganzen Textblöcken experimentiert, um Kafkas Texte in andere Bedeutungsebenen zu verschieben. Durch systematische Variationen und außergewöhnliche Anordnungen konnten somit Bilder gestaltet werden, die Kafkas Untergangsstimmung wiedergeben.

Fotos: Nico Janson, Redaktion: Sybille Schmitz
Werkstattführerschein im Sommersemester 2024

Im diesjährigen Sommersemester war der »Werkstattführerschein« — eine Einweisung in die Werkstatt, die zur selbständigen Benutzung derselben berechtigt und mit einer experimentellen Arbeit abschließt — unter dem Motto »Farbe & Form« ausgeschrieben. Entstehen sollten spielerische Versuche, nicht notwendigerweise an Texte gebunden, eine freie Studie über und mit Material, Form und Farbe.

So offen das Thema war, so vielseitig auch die Ergebnisse: Schriften im Überdrück, aber auch kunstvolle Formen, Arbeiten mit Musterstrukturen standen am Schluß Arbeiten mit unterbautem Blindmaterial gegenüber. In einer Arbeit wird das so genannte Zahlenmeer, mit dem Briefumschläge bedruckt sind, um sensible Informationen unlesbar für Außenstehende zu machen, plötzlich zum Inhalt erhoben, eine andere formt mit üblicherweise untergeordneten Elementen wie Strichen eigenwillige Muster.

Die Studierenden Adisa, Bella, Christina, Cloud und Maria nutzten die Freiheiten und haben das Thema mit Phantasie um- und im Wortsinne aus Blei gesetzt.

Fotos: Sybille Schmitz
Mappenwerk zu Kurt Schwitters im Handsatz

Ein Zitat von Kurt Schwitters besagt, Kunst sei nichts anderes als Gestaltung mit beliebigem Material. So hatten wir, die Studenten des diesjährigen Erstsemesters, die Aufgabe und Ehre, uns nicht nur mit dem herausragenden deutschen Künstler Kurt Schwitters und seinen Thesen zur Typografie, sondern auch mit einem ganz neuen »Material« zu beschäftigen.

Kurt Schwitters gehört schon durch seine Leidenschaft, das »Merzen«, zu den einzigartigsten Künstlern des an sich schon eigenartigen Dada. Das Wort »Merz« leitet Schwitters vom Wort »Kommerz« ab, welches auf einem Zettel geschrieben stand, den er zufällig fand und sollte ein Ausdruck dafür sein, Neues aus alten Scherben aufzubauen. Dies war für den Künstler nicht nur Name oder Kategorie, sondern vielmehr der Ausdruck seines Lebens, denn Schwitters betrachtet sein Leben als Gesamtkunstwerk – Leben und Kunst miteinander vereint, den gesamten Inhalt seines Lebens stellt er mit diesem Begriff dar. Die spielerische Verbindung verschiedenster Dinge wie Zeitungsausschnitte, Busfahrscheine, Nägel, Haare oder Holzstücke machen Schwitters Collagen zu einem gestalterischen Hingucker.

Nach Recherche und intensiver Auseinandersetzung mit diesem Künstler und seinen Thesen ging es auch für uns nun endlich an die Arbeit – hierbei verlief vor allem die Vorbereitung der Entwürfe bei jedem anders. Während die eine sich intensiv mit der Gestaltung Schwitters auseinandersetzte und ganz nach seinem Motto »etwas Neues aus seinem Alten« machte, ging die andere eher spielerisch mit diesem Thema um und befasste sich mit einer rein typografischen Lösung der Thesen. So verschieden die Arbeitsweisen wohl auch gewesen sein mögen, unsere Mappe mit den fertigen Drucken, ergibt insgesamt eine sehr schöne Gesamtheit!

Wir, Julia Floth, Selina Schwander, Eva-Maria Oberauer, Victoria Eckl und Katharina Hengster, möchten uns hiermit auch nochmals recht herzlich bei Herrn Westermaier und Frau Schmitz für ihre Bemühungen und Geduld bedanken – nach dem Erwerb unseres Werkstattführerscheins werden wir uns nun sicher häufiger in der Druckwerkstatt über den Weg laufen!

Fotos: Katharina Hengster, Victoria Eckl, Sybille Schmitz
Projekt Bleisatz in Garching: Janina Engel, Elisabeth Koster, Dorothée Martin, Minh Nguyen, Nico Janson, Elena Traurig
Die Story von Pronto Soccorso und Beauty Case

Es war der 10 Februar 2017 und 6 StudentInnen begaben sich auf die Fahrt nach Dirnismaning unweit von Garching, zur schriftenreichen Bleisatzwerkstatt »officin albis« von Werner Hiebel. Dort angekommen wurden sie mit offenen, freundlichen Armen von Herrn Hiebel und Herrn Gericke empfangen und umgehend in die Kunst des Bleisatzes eingeführt.  Gesetzt wurde eine leicht gekürzte Fassung der Kurzgeschichte »Die Story von Pronto Soccorso und Beauty Case« von Stafano Benni. Jeder Studierende bekam eine Passage der Geschichte, die mit der Times New Roman in Brotschriftgröße gesetzt wurde.

Die ersten Anläufe fielen jedem der Teilnehmer doch etwas schwer, bis man mit der Zeit und mit geduldiger Anleitung schließlich das Gefühl für die Bleisatztechnik entwickelt hatte. Werner Hiebel und Peter Gericke nahmen sich sehr viel Zeit, keine Frage blieb unbeantwortet und sie erzählten dabei viel über ihre persönlichen Erfahrungen mit und ihren Weg zur Typografie. Der Workshop fand über mehrere Wochen statt, somit fand sich auch für die Gestaltung des Büchleins genug Raum.Die Kurzgeschichte wurde mit ausgewählten Worten jeder Textpassage in einem Überdruck in roter Farbe in der Braggadocio 278 gestaltet.

Als Abschluss hatte Herr Hiebel ein trefflich passendes Titelblatt gedruckt. Das fertige, wirklich ansehnliche Produkt wurde bei der Wiedereröffnung der Buchdruckwerkstatt präsentiert, jede Teilnehmerin, jedem Teilnehmer dabei ein Exemplar überreicht. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Herrn Gericke und Herrn Hiebel für die erfreuliche und interessante Erfahrung im Bleisatz.

Fotos: Nico Janson
Isabel Huber, Lea von Terzi, Ines Thaller
Gelungene Hommage an einen großen Typografen des 18. Jahrhunderts

John Baskerville gilt als einer der großen englischen Typografen, der neben Caslon weitreichenden Einfluss auf die europäische Typografie dieser Epoche hatte, und unter anderem auch Didot und Bodoni inspirierte.

Ziel der Studentinnen war es den kritischen Geist und innovativen Vordenker in seiner Wirkung auf die schwarze Kunst zu skizzieren und im Besonderen die heute immer noch sehr beachtliche Schrift Baskerville zu analysieren.

Weniger bekannt ist, dass Baskerville posthum für seinem Atheismus büßen musste. Nach seinem Begräbnis war er aufgrund eines Kanalbaus exhumiert worden. Es vergingen mehrere Jahre bis sich schließlich ein Friedhof in Birmingham bereit erklärte, den Gebeinen des typografischen Meisters eine letzte Ruhestätte zu gewähren. Im Gegensatz dazu wirkt seine Schrift Baskerville, die mittlerweile in zahlreichen Varianten vorliegt, auch heute noch lebendig.

Jochen Klaus
Dominik Schmidthäusler

Handschrift ist Ausdruck der Persönlichkeit, im Sinne der Kalligrafie sogar eine Kunst – nämlich die des schönen Schreibens.

Kalligrafie ist auch heute unverzichtbarer Bestandteil des Grundlagenstudiums, vereint sie doch Geduld, die Auseinandersetzung mit der Form, ebenso wie mit der eigenen Handschrift. Mit diesen Tugenden haben sich Jochen Klaus und Dominik Schmidhäusler erfolgreich beschäftigt und bewiesen, dass für sie die reine Handschrift, neben all den Tweets und Chats auch heute noch wichtig ist.

Experimentelle Textarbeit (3. Semester)
Ines Thaller

Die Entwicklungsgeschichte der Textanordnung wird fortgeschrieben. Hierfür ein – durch experimentelles Vorgehen – entwickeltes Bewusstsein zu erlangen und durch Arbeiten widerzuspiegeln war die Aufgabe. Angelehnt an die starken Stämme entsteht in dieser natürlichen Umgebung eine Vielfalt wundervoller Assoziationen.

Bleiläuse mit Günter und Herbert finden.

Die kleine Druckwerkstatt an der MD.H in München erfreut sich eineinhalb Jahre nach ihrer Inbetriebnahme reger Begeisterung, die Kurse sind ausgebucht. Die Rückbesinnung auf alte Entwurfstechniken findet verstärkt in der Auseinandersetzung mit dem Handsatz statt.

Im Grundkurs von Günter Westermaier und Herbert Gilsberger lernen die Studierenden nicht nur den Schriftsatz im traditionellen Sinne kennen, sondern verstehen die Grundlagen der Typografie, abstrakte Begriffe wie Halbgeviert, Geviert und Zeilenvorschub, aber im wahrsten Sinne des Wortes, durch reines Begreifen.

Am Ende des Kurses hat jeder Teilnehmer ein eigenhändig gesetztes und gedrucktes Plakat in der Hand und so manche Witwe, Bleilaus oder gar auch einen Hering auf dem Weg dahin gefunden.