Stehsatz

Freie Schriftarbeit (1. Semester): Josephine Tinapp
Freie Schriftarbeit (1. Semester): Josephine Tinapp

In ihrer freien Schriftarbeit im ersten Semester widmet sich Josy Tinapp gänzlich und ausschließlich dem Schriftzug »ahora« – das ist das spanische Wort für »Jetzt«.

Mittels sorgfältig auf ein weißes Holzbrett gesetzter Nägel entstand der Schriftzug selbst bzw. die Umrisse der Buchstaben in Schreibschrift. Daraufhin spannte sie in filigraner Arbeit farbigen Faden von Nagel zu Nagel, so daß ein im Gesamteindruck harmonischer Schriftzug in Regenbogenfarben, bei genauerer Betrachtung ein feines Gitterwerk von ganz eigener Ästhetik entstand – verwirrend verwoben und gleichzeitig statisch und stabil wirkend wie eine Stahlkonstruktion aus der Ferne.

Ein Sinnbild für das Lebensgefühl der Jugend im Hier und Jetzt, und dabei auch das Ergebnis einer geduldigen, sich von nichts ablenken lassender Hingabe an ein Werk. Gelungen.

Fotos Josephine Tinapp
Gestaltungskonzept (MD 1021): Katrin Eder, Lilli Hartig, Luca Tommaso Stimming
»0816« wir sind anders

Unter diesem Motto präsentieren die Bacheloranden des Fachbereiches Media Design der mdh in München ihre Abschlussarbeiten. Das Konzept für die diesjährige Werkschau wurde von den Studierenden Lilli Hartig, Katrin Eder und Luca Tommaso Stimming entwickelt und wird vom gesamten Kurs der Media Designer 1021 realisiert.

Es beinhaltet das grundlegende Erscheinungsbild, diverse Werbemaßnahmen sowie einen Internetauftritt.

Dabei beschreibt Motto »0816« – das auf den Begriff ­»nullachtfünfzehn« anspielt – die vielseitigen, oft außergewöhnlichen und manches Mal auch extravaganten Ideen eines Designers. In jedem Falle lässt ein Designer, eine Designerin das sprichwörtliche »nullachtfünfzehn« hinter sich, was bekanntlich für eine durch und durch mediokre, epigonale und daher im Grunde belanglose Sache steht.

Die Absolvierenden haben nun in ihren Bachelorarbeiten, der Mittelmäßigkeit entgegenwirkend, der Kreativität keine Grenzen gesetzt und so ihre eigenen, individuellen Ideen realisiert. Diese Arbeiten werden am 09. März 2023 am neuen Standort der mdh München – in der Neumarkter Straße 22 – vorgestellt. Die Abschlussarbeiten bewegen sich in den Themenbereichen Fotografie, UX-Design, Motion Design, 3D Design, Medieninstallation, Editorial Design und Kommunikationsdesign. Das Besondere bei der diesjährigen Werkschau ist, dass nicht nur die Bachelorarbeiten der genannten Bereiche vorgestellt werden, sondern parallel dazu auch die allgemeine Standorteinweihung stattfindet.

Unikatbuch (4. Semester): Anna Lea Trumpetter

»Monster: Die Achterbahn« ist der Titel einer Kurzgeschichte von BJ Novak. Darin entwirft der Künstler Christo eine Achterbahn – seiner eigenen Aussage nach seinem inneren Wesen entsprechend – und lädt zwölf Personen ein, sie zu testen. Die Reaktionen sind unterschiedlich, einige sind begeistert, andere abgestoßen. Relativ einig sind sie sich jedoch bei der Namensgebung der Achterbahn: Monster.

Die Diskussion, die sich um die Benennung der Achterbahn entspinnt, nutzt Anna Lea Trumpeter für die typografische Interpretation der Kurzgeschichte in Form eines Unikatbuches. Sie ordnet und strukturiert Texte, um die Ups und Downs der Achterbahn respektive die Höhen und Tiefen des Lebens zu visualisieren. Textstrukturen und Spaltenanordnungen finden sich spielerisch durcheinander gewirbelt.

Das Unikatbuch selbst ist eine Reihe von negativ — also weiss auf schwarz gesetzten Texten — die Seite für Seite in einem Block angeordnet sind.

Fotos: Felix Stoffel
IMPRIMATUR – es kann [ab jetzt wieder] gedruckt werden
Wiedereröffnung der Hochdruck-Werkstatt nach umzugsbedingter Zwangspause

Bedingt durch den Umzug der mdh (München) von der Neuen Balan in die Neumarkter Straße musste auch die Werkstatt ihre alten Räumlichkeiten verlassen. Kein leichtes Unterfangen, eingedenk der Tatsache, dass spezielle Anforderungen wie zum Beispiel Starkstrom notwendig sind, dass rund 14 Tonnen Blei und sperrige Maschinen untergebracht werden wollen. Da Auszug und Einzug nicht lückenlos zu organisieren waren, musste die gesamte Werkstatt zwischengelagert werden.

Umso mehr freut es mich, dass die Handsatz-Werkstatt nun Mitte Dezember 2022 wieder zum Leben erwachte. Dank eines enormen Kraftaufwandes, einer gehörigen Portion Zähigkeit, viel Fleiß – nicht zuletzt von Seiten einiger studentischer Helferinnen – konnten nun sämtliche Bleibuchstaben sowie alle Maschinen ein neues, und noch dazu größeres Zuhause beziehen. Die Phase der Feinarbeit, soll heißen das Sortieren der beim Umzug durcheinandergekommenen Regletten, Quadraten, Schriften etc. neigt sich nunmehr ihrem Ende zu. Diese hatte mitunter die Anmutung einer Sisyphusarbeit, bei der ich besonders die Unterstützung von Katharina Lutz hervorheben möchte, die mit Arbeiten für ihre Bachelorarbeit die neue Werkstatt nun einweihen darf und dies mit dem ihr eigenen Elan und ihrer unerschöpflichen Begeisterung tut.

Bereits im laufenden Wintersemester sollen wieder Kurse stattfinden, die den heutigen Digital Natives des 21. Jahrhunderts das Verständnis der Typografie haptisch begreifbar machen wird.

Besonderer Dank für unermüdlichen Einsatz (z. B. etwa im Hinblick auf das Schleppen der elend schweren Schubladen) geht an Katharina Lutz, Dr. Isa Ogbomo, Boris Braunstorfinger, Sarah Janson, Josephin Oschmann, Sofia Mari, Clara Reichelt, Shafi Paiwand, Günter Westermaier. Für die Organisation der Räume möchte ich mich herzlich bei Martin Adam bedanken.

Eine feierliche, dem Anlass angemessene Eröffnung ist angedacht. Sie wird voraussichtlich Anfang März stattfinden und rechtzeitig auf den üblichen Kanälen avisiert.

In diesem Sinne bleibt an dieser Stelle nur noch zu sagen: IMPRIMATUR!

Fotos: Sybille Schmitz, Katharina Lutz, Michael Dietlmeier
Unikatbuch (4. Semester): Lisa-Sophie Rid

Lisa-Sophie Rid nahm BJ Novaks Geschichte »Johnny Depp, das Schicksal und der Hollywood Doppeldecker Bus«, um daraus ein typografisch-experimentelles Unikatbuch zu gestalten. Die Kurzgeschichte handelt vom inneren Kampf des populären Schauspielers, der mit dem Motorrad unterwegs ist, als neben ihm ein Hollywood-Tourenbus mit Touristen erscheint.

Rid führt – der Geschichte gemäß – zunächst leise, auf klassische Art in ihr Unikatbüchlein ein. Mit zunehmendem innerem Kampf des Schauspielers werden die Textanordnungen extrovertierter. Schriftgrade variieren, Texte laufen über Doppelseiten. Auf dem Höhepunkt der Geschichte, an dem alles aus den Fugen zu geraten scheint, lösen sie sich schließlich aus der starren Zeilenformation, und verlassen das Satzgefüge. Passend zum Ort des Geschehens greift sie Begriffe und Elemente aus dem Filmischen auf, beginnend mit einer Aufblende findet sich der Text im Stile von Zelluloid wieder, oder auch aufgefächert wie die Amplituden einer Tonspur. Sehenswert!

Fotos: Felix Stoffel
Plakatgestaltung: Mona Kerntke, Lea Trumpetter

Passend zum anstehenden Umzug der MD.H in München, der zum Jahreswechsel vollzogen wird, haben die Studentinnen Mona Kerntke und Lea Trumpetter eine Plakatreihe entwickelt, die die Kernwerte der Hochschule visualisieren soll.

Sie haben hierfür ein modulares System an grafischen Formen und Farben entworfen, das die Kernwerte oder auch -eigenschaften Internationalisierung, Transdisziplinarität, Kreativität und Innovation darstellt. Diese Grundelemente finden sich auf vielfältige Weise flexibel kombiniert, nuanciert gewichtet, geschickt arrangiert und kontrastierend gegenübergestellt.

Das Resultat, eine Reihe an äußerst heiteren, dynamischen und inspirierenden Plakaten, wird nun in Bälde im neuen Gebäude an prominenten Stellen hängen.

Visualisierung (1. Semester): Katrin Eder

Die Aufgabe war, den Lebenszyklus mit einfachen Mitteln zu visualisieren. Gemeint sind damit die sechs Phasen von der Geburt, über das Kindesalter, die Adoleszenz, das Erwachsenenalter, den Lebensabend bis hin zum Tod.

Katrin Eder entschied sich für die Darstellung mit Linien, einer den Gesetzen der Formenlehre folgende, sehr vielfältigen Ausdrucksmöglichkeit. So ist die Geburt etwa mit einer entstehenden, sich ausdehnenden vertikalen weißen Linie dargestellt, im Kindesalter nehmen die Ausdrucksmöglichkeiten zu, analog dazu nimmt die Anzahl der Linien ebenso wie deren Farbigkeit zu. Die Adoleszenz, Zeit des Sturm & Drang, ist gekennzeichnet durch eine auf den ersten Blick chaotische, verdichtete Überlagerung von Linien in warmen, energetischen Gelb- und Orange-Tönen. Das gefestigtere Erwachsenenleben spiegelt sich in geordneten Liniensystemen wider. Das Alter und der darauffolgende, unausweichliche Tod werden durch eine im Schwarz ausklingende, horizontale Linie dargestellt.

Entstanden ist ein Leporello, das die einzelnen Phasen nacheinander abbildet.

Fotos: Sybille Schmitz
Unikatbuch (4. Semester): Clara Reichelt
Dunkle Materie 3

In ihrer Interpretation der Geschichte »Dunkle Materie« nutzt Clara Reichelt die gesamte Klaviatur des typografischen Materials, um unterschiedliche Ebenen des Handlungsstranges zu verdeutlichen. Alles, was mit dunkler Materie im weitesten Sinn zu tun hat, ist negativ auf schwarzem Papier gedruckt. Wortgewaltige Ausbrüche oder auch Gedanken sind in fetterem Schnitt, größerem Schriftgrad oder auch in lauten Versalien gesetzt. Unterschiedliche, ineinander verschachtelte Seitenformate unterstreichen die unterschiedlichen Erzählebenen zusätzlich.

Das Buch selbst ist handlich und schlicht gestaltet. Das schwarze Cover weist eine dezente Prägung auf. Gelungen.

Fotos: Felix Stoffel
Textinszenierung »Laut und Leise«
Typografie (1. Semester): Lilli Hartig

Mit ihrer Darstellung der Begriffe Laut und Leise möchte Lilli Hartig den Betrachter auf subtile Art und Weise klarmachen, dass Rassismus auch heute, im Jahr 2022 noch ein Thema ist. Menschen werden aufgrund ihres Aussehens in Kategorien eingeteilt und diese mit (negativen) Wertungen versehen. So griff Hartig auf Erfahrungsberichte von Inana zurück, eine jungen Frau, die aufgrund ihrer Herkunft mit Rassismus und Anfeindungen im Alltag zu kämpfen hat. Sowohl ihre Aussagen als auch die Anderer hat sie dabei auf mehreren Seiten Transparentpapier typografisch inszeniert; die Seiten selbst sind hintereinander angeordnet.

Durch eine indirekte Konfrontation mit Aussagen wie beispielsweise: »Schaut ihr gerne dabei zu?« Werden die Betrachtenden »leise« für das Thema sensibilisiert und zum Denken angeregt. Durch die verschiedenen Transparentpapier-Lagen entsteht ein gesamter Text, der die Erfahrungen und Konfrontationen von Inana widerspiegelt.

Fotos und Text: Lilli Hartig, Redaktion: Sybille Schmitz
Visualisierung (1. Semester): Sophie Feichtner
Papierarbeit zum Thema Aggregatzustände

Für die Visualisierung der Aggregatzustände und deren Übergänge hat Sophie Feichtner die Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck gewählt, diese in den dreidimensionalen Raum transportiert und anschließend in der Form von Mobiles aufbereitet. Der Kreis steht für ruhigere, weniger gespannte aber auch harmonische Zustände, das Quadrat hingegen für starre, harte und feste Formen, das Dreieck schließlich — mit seinem umgekehrten Schwerpunkt — steht für schwer greifbare Zustände. Die Farbwahl ist inspiriert von Vulkangestein, Lava und vulkanischen Gasen.

Alle Objekte wurden aus Papier gefaltet, anschließend in einem diagonalen Bildaufbau fotografisch inszeniert. Die Diagonale unterstreicht den beständigen Wandel von einem Zustand zum anderen visuell.

Die imposanten Bilder haben eine ungemein inspirierend-suggestive Kraft – die Assoziationen, die sie evozieren, dürften stark variieren von Betrachter zu Betrachter. Die universalen Formen bieten der Phantasie eine enorme Vielzahl an Ansatzpunkten und Interpretationsräumen.

Fotos: Sophie Feichtner