Stehsatz

Futura – 28 Grad in Dresden
Jenny Lutz, Hanna Rasper, Sophie Schillo, Julian Schöll, Natalie Kennepohl

Dreieinhalb Stunden Fahrt, zwei Semmeln und einen Milchkaffee später, standen wir Punkt zehn vor der Tür der Dresdner Offizin, bereit um Paul Renners Schriftentwürfe zur Futura durch die Andruckpressen Haag-Drugulins zu ziehen.

Die Schriftentwurfsplatten, die wir abdrucken durften, sind matrizenähnliche Metallplatten, die Paul Renners erste Entwürfe der konstruierten serifenlosen Linear-Antiqua Futura zeigen. Im Vergleich zu der Zeit üblichen serifenlosen Antiquas sind die Strichstärken sehr gleichmäßig und die Buchstabenformen ausgesprochen geometrisch, was man an den nahezu kreisförmigen Rundungen erkennen kann. Besonders interessant sind einige Entwürfe der Buchstaben a, g, n, m und r, die auch heute noch eher ungewöhnlich wirken. Genaue Beispiele der ausgefallenen Entwürfe sind das Minuskel n, das unter anderem aus einem Quadrat, ohne Unterseite besteht, oder das Minuskel g, das aus einem Kreis und einem Dreieck als Unterlänge besteht. Spannend ist, dass die Platten auch zahlreiche verworfene Entwürfe von Buchstaben zeigen.

Nach stundenlangem, nahezu schweißtreibendem Drucken gings abends auf einen kühlenen Absacker in die Dresdener Innenstadt. Eindruck: Begeisterung pur! Imposante barocke und eindrucksvolle mediterrane Architektur sowie die unglaublich schöne Lage im Elbtal und die sommerlichen 28 Grad des Julis, macht dem Namen Elbflorenz alle Ehre.

Abschließend bedanken wir uns beim Leiter der Dresdener Haag-Drugulin, Eckehart SchumacherGebler, der uns zu sich eingeladen hat und uns die Möglichkeit bot die Schriftentwurfsplatten Paul Renners abzudrucken. Besonders möchten wir Ria Mücke herzlichst für ihre Unterstützung und ihr vielen Tipps danken.

Fotos: Julian Schöll

 

Palatino Schriftanalyse
Feyza Demirören, Paulina Meider, Sara Markieton, Stephanie Dehler, Veronika Disl

Die Palatino, eine Französische Renaissance-Antiqua, zählt insbesondere seit den 50er Jahren zu den meistverwendeten Schriften im Buchdruck. Sie durchlief die unterschiedlichsten technischen Entwicklungen über Blei- und Fotosatz bis hin zur Digitalisierung und hat seitdem nichts an ihrer Modernität verloren. So zeichnet sich die Palatino auch heute noch durch ihr unaufdringliches und zurückhaltendes, jedoch gleichermaßen charakterstarkes und eigenwilliges Erscheinungsbild aus.

»Eine Schrift soll von der Persönlichkeit ihres Entwerfers erfüllt sein.« Dies fordert schon der Entwerfer Hermann Zapf – und das sieht man der Schrift auch auf dem ersten Blick an: Als Meister des schönen Schreibens hat Zapf ihr den kalligraphischen Duktus aus dem Schreiben mit der Breitfeder eingehaucht und ihr dadurch zu ihrer unverkennbaren Lebendigkeit und ihrem warmen und charmanten Ausdruck verholfen. Genau jener starke Ausdruck von Persönlichkeit hat auch uns begeistert und uns  dazu veranlasst zu versuchen diesen Geist der Palatino in unserer Schriftanalyse einzufangen und widerzuspiegeln.

Um die Schrift besser verstehen zu können widmet sich unsere Schriftanalyse demnach neben einer detaillierten Auseinandersetzung mit der Schrift an sich, ihrer Entwicklung, ihren Einzelzeichen, der Lesbarkeit und Vergleichen mit der Bleisatzschrift und der Aldus (einer leichteren Version der Palatino) in einem zweiten Buch ebenso ausführlich dem Leben und Schaffen ihres Entwerfers. Beide Bücher wurden – zusammengehörig, wie sie ja sind – durch eine spezielle Klappbindung miteinander verbunden, sodass auch hier der enge Bezug zwischen Schrift und Schriftentwerfer ersichtlich wird.

Ein Alphabet zum Dahinschmelzen
Florian Schmidt: Typografie 2. Semester

Meine experimentelle Schriftarbeit arbeitet mit dem Wechsel der Aggregatszustände von Wasser – in tatsächlich flüssiger Form sowie Eis. 26 Zeichen. Das komplette Alphabet wurde im Vorfeld in Eisform generiert und zunächst in Form von Eis abfotografiert, vier weitere Schmelzstufen etwa alle zehn bis fünfzehn Minuten aufgenommen. Die Anordnung der Einzelzeichen nimmt zudem Bezug auf die verschiedenen Zustände des jeweiligen Eiskörpers.

Schriftenfest 2014 – drei Tage zu Gast in der Dresdner Offizin »Haag-Drugulin«
Die Offizin – Ein Eldorado für die Freunde des Bleisatzes

Das renommierte Haus »Haag-Drugulin« kann auf eine mehr als 180-jährige Geschichte des Druckes und Handsatzes sowie der Schriftgießerei zurückblicken. Schon der erste Eindruck nach dem Betreten der Werkstatt wird dominiert von endlosen Reihen an Schriftregalen, allesamt gefüllt mit Raritäten, kaum mehr auffindbaren Originalschnitten (wie etwa der engen Schneidler Latein) sowie einer unglaublichen Sammlung an Monotype-Matrizen. Die Schatzkammern enthalten zudem Schriftenbestände von VEB Typoart Dresden (1951 waren die Gießereien Schelter & Giesecke und Schriftgut AG Dresden zu VEB Typoart Dresden zusammengeführt worden), Bestände der ehemaligen Reichsdruckerei sowie Raritäten verschiedenster Gießereien. Nicht zuletzt verblüfft der unvergleichbare Fundus an Monotype-Matrizen, die es auch heute noch jederzeit ermöglichen, die Schriften von kleinen Graden bis hin zu größeren Schaugrößen (etwa 72 p) auf der Monotype-Supra gießen zu lassen.

Seit 1992 steht das Haus unter der Leitung von Eckehart SchumacherGebler. So zählt Haag-Drugulin heute zu einem der wenigen Betriebe in Deutschland, der sich noch dem Bleisatz mit »sorgfältiger Handarbeit« verschrieben hat.

Auf den Spuren der Futura

Die Spurensuche zur Schrift Futura (von Paul Renner) hat die Studierenden Jennifer Lutz, Sophie Schillo und Julian Schöll zum Hause »Haag-Drugulin« geführt. Herr SchumacherGebler verfügt über eine Reihe von Original-Schablonen zur Schrift Futura. Die Schablonen dienten in Verbindung mit dem Pantographen dazu, bei der Bauerschen Gießerei Schriftgußmatrizen in verschiedenen Graden für die Futura zu fertigen. Für welche Größen die jeweiligen Vorlagen gedacht waren, ist auf den Platten vermerkt. Ebenso finden sich darauf Hinweise auf verworfene oder korrigierte Zeichen.

Diese einmalige Gelegenheit bot sich uns durch die Einladung von Herrn SchumacherGebler nach Dresden. Die Gruppe, komplettiert mit den beiden leidenschaftlichen Gestalterinnen Natalie Kennepohl und Hanna Rasper, erhielt hier die Möglichkeit diese historischen Schablonen in einer kleinen Auflage von 25 Stück zu drucken.

Fachkundig unterstützt wurde das studentische Forscherteam dabei von den Mitarbeitern des Hauses: Ria Mücke, Udo Haufe, Max Lotze und Michael Märker. Unser besonderer Dank gilt hierbei Frau Ria Mücke – der Schriftsetzermeisterin des Hauses, die alle Schwierigkeiten, auf die das studentische Druckerteam stieß, geduldig und mit akkurater Hand beseitigte. Als anspruchsvolle Druckstöcke dürfen die im Hochdruckverfahren schwer abzuziehenden Schablonen angesehen werden. Nicht zuletzt deren geringe Vertiefung sowie die fein gearbeitete Strichführung, die das Buchstabenbild umschreibt, machen das häufige Auswaschen der Form notwendig, um ein brauchbares Druckergebnis zu erzielen.

Das Schriftenfest 2014

Den Abschluss unseres Besuches bildete das 2. Dresdner Schriftenfest in der Offizin. Nach dem großen Interesse, das das letztjährige, erste Schriftenfest mit dem Schwerpunkt Bodoni wecken konnte, standen im Zentrum der diesjährigen Veranstaltung die Schriften Futura und Schwabacher. Die Vorträge und Vorführungen widmeten sich beispielsweise den Schablonen der Futura, mit deren Hilfe die Schriftmatrizen gefertigt wurden, oder auch den Varianten der Schwabacher. Tatsächlich vor Ort zu begutachten waren Orignal-Matrizen aus dem 16. Jahrhundert. Parallel dazu tagte der Verein für die Schwarze Kunst, der gemeinsam mit der Offizin ein hehres Ziel verfolgt: die Weitergabe des Wissens der der Schriftgießer, Setzer und Drucker an die junge Generation des digitalen Zeitalters.

New York City – TDC60 Opening – Student Awards

Am 11. Juli war es soweit, New York City, wir kommen! Nach einem angenehmen Flug ging es direkt auf Entdeckungsreise durch NYC. Es ist ein atemberaubendes Gefühl, das erste mal zwischen riesigen Hochhäusern durch die Stadt zu laufen. Sobald man auf die Straße geht, ist man mitten im hektischen Treiben und man beginnt zu verstehen, warum die Stadt niemals schläft. Der Geräuschpegel von NYC ist enorm, jede zwei Minuten hört man Sirenengeheule und hupende Autos. Nachts ist NYC ein Lichtermeer in allen erdenklichen Farben.

Im Gegensatz zu Deutschland ist auf jedem öffentlichen Verkehrsmittel die Amerika-Flagge abgebildet, aber auch so findet man die Flagge an vielen Orten, sei es die Grand-Central-Station oder eine Autowerkstatt. In ewiger Erinnerung wird auch die erste Begegnung mit der New Yorker U-Bahn sein, die im Vergleich zur Münchner U-Bahn ein Ungetüm ist.

In New York habe ich den besten Burger meines Lebens gegessen, das Fleisch in Whiskey gebraten!
Aber auch das typisch deftige Frühstück mit Bacon, Eiern und Toastbrot werde ich vermissen.
Ein besonderer Moment bot sich am Sonntagabend vor der Verleihung, als Deutschland Weltmeister wurde. Das Empire-State-Buildung leuchtete schwarz-rot-gold und die Antenne glitzerte.

Typografisch Interessierte dürften die Chelsea-Markets sehr gefallen, ein alter Lagerhallen-Komplex mit einzigartigem Charme. Dort kann man leckere Spezialitäten und viele andere Dinge kaufen. Im Gegensatz zu Deutschland sind in Amerika die Speisekarten in den Restaurants viel hochwertiger gestaltet und man sieht überall in der Stadt wunderschöne Hand-Lettering-Arbeiten. So war auch das Leitsystem in den Chelsea-Markets kalligrafisch umgesetzt.

Am 16. Juli fand das 60. TDC Opening und die Verleihung der Student Awards in der »The Cooper Union« statt. Schon vor Beginn der Verleihung konnte man durch die Ausstellungsräume gehen und die hochkarätigen und sauber gestalteten Arbeiten betrachten. Direkt am Eingang waren die 3 besten Studentenarbeiten, aber noch ohne Platzierung, ausgestellt.

Kurz darauf begann die Verleihung der Student Awards. Die Stempel-Garamond-Schriftanalyse wurde 3., die Theinhardt-Schriftanalyse 2., und ein Japaner mit seinem Buch 1. Nach der Verleihung wurde David Berlow für sein Lebenswerk als Schriftgestalter geehrt.

Nach der Verleihung konnte man noch einmal die ausgestellten Arbeiten betrachten, wobei nun die Platzierung vorhanden war. Währenddessen gab es einige interessante Gespräche mit anderen Gestaltern.

Zwei Tage später ging es wieder nach München, aber mit vielen Erlebnissen und Eindrücken mehr, zurück.

 

5 x Certificate of »Typographic Excellence«

Bei der diesjährigen Preisvergabe des renommierten »New Yorker Type Directors Club« wurden 5 typografische Arbeiten von Studierenden der MD.H München ausgezeichnet. Die Schriftanalyse von Kevin Kremer, Miriam Rieger und Corinna Rusker zur »Theinhardt« und die Schriftanalyse von Lars Reiners, Lea Roth, Nadine Meyer und Benedikt Lämmel zur »Stempel Garamond« erreichten Platz 2 und 3 in der »Kategorie« Studenten. Die Schriftanalyse zur »Trump Mediäval«, die Bachelorarbeit »der Dialog« sowie die freie Textarbeit das »Equilibrium« wurden mit dem »Certificate of Typographic Excellence« gewürdigt.

Die Arbeiten sind vom 23. Juli bis 17. August 2014 in München zu sehen.

Ich gratuliere!

Bleisatz 1 – Interessante Tage mit den Altmeistern
Günter Westermeier und Peter Gericke

Wir leben in einer modernen Welt, die bisweilen die Bedeutung eines handgesetzten Buches nicht mehr wirklich wertschätzen kann, da der historische Werdegang der Entstehung solcher, zum Teil  in Vergessenheit zu geraten droht. Um dies wieder aufleben zu lassen, bot sich den Studenten durch den Kurs »Bleisatz 1« eine Möglichkeit an. Geleitet von Günter Westermeier begann die Erkundung des neuen Handwerks, der geschichtlichen Hintergründe, sowie des Grundgerüstes der Bleisetzung. Der Kurs schenkte den Studenten viele bis dato unbekannte Eindrücke, amüsante Erfahrungen, wie auch Momente der Hilflosigkeit auf Grund mehrmaliger Resignation der Druckmaschine. Jedoch wurden Kursteilnehmer in ihren Fragen und Sorgen, ob groß oder klein, nie vernachlässigt. Nicht ganz unbeteiligt an all den prägenden Momenten musste Herr Westermeier seinen Posten leider krankheitsbedingt all zu zeitig abtreten, nichtsdestotrotz verlor der Kurs keinerlei an Reiz, da Herr Gericke die Stelle mit all seiner Hingabe übernahm. Mit seiner aufmunternden und respektvollen Art unterstützte er die Kursteilnehmer weit über die Fertigstellung des Schillerheftes hinaus. Das in naher Zukunft fertige Heft umfasst neben Schillers Kurzbiografie ebenso seine zeitlosen Werke der Phantasie.

Berufe zwischen Beschleunigung & Stillstand

Das Buch zeigt Berufe, die von einer Beschleunigung oder Stillstand geprägt sind. Dies kann auf physischer oder auch psychischer Ebene der Fall sein. Es werden jeweils 10 Berufe auf jeweils 4 Seiten gezeigt. Das erste Buch handelt von folgenden entschleunigten Berufen: Bibliothekar, Bombenentschärfer, Künstler, Mönch, Museumswärter, Restaurator, Schmuckeremit, Schriftsetzer, Skriptor, Uhrmacher. Der Stillstand wird durch ein Quadrat dargestellt, welches für Ruhe und Beständigkeit steht. Ein gelber Farbrand auf jeder Seite unterstreicht dies und ist ein optisches Highlight.­­ Auf  der ersten Seite zum jeweiligen Beruf wird ein berufstypisches Element in Rasteroptik gezeigt. Die zweite Seite erklärt den Beruf in Bezug auf Beschleunigung & Stillstand. Die folgende Doppelseite zeigt informative, aber auch unterhaltsame Zitate oder Texte zu dem Beruf.

Das zweite Buch widmet sich diesen Berufen: Arzt, Balletttänzer, Extremsportler, Geheimagent, Kindergärtner, Koch, Pilot, Pizza-Lieferant, Stuntman, Soldat. Hier dient ein rotes Dreieck als Symbol für die Beschleunigung. Beide Bücher zeichnen sich durch eine grafisch reizvolle Gestaltung und Einfachheit aus. Ziel der Arbeit ist es, dem Betrachter einige interessante Berufe auf eine etwas andere Art zu zeigen. Darunter sind auch einige »ausgestorbene« Berufe.

Florian Schmidt
Objektvisualisierung

In meiner Visualisierung des Synthiepopklassikers »Kelly watch the stars« entstand ein Objekt, dass die im Lied vorrangig vorkommende Stimme im Verhältnis zu Synths und Bass darstellt. Für die fremdartig wirkende Stimme wird ein grüner Drahtstrang gewählt; der Synthesizer, genauer formuliert seine  sich auf engem Raum aufbäumenden, dichten Frequenzwellen werden durch spitze rote Dreiecke übersetzt.

Fotos: Lars Reiners

Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Miriam Rieger, Laura Ostermeier
Endlosfaltung – Die ewige Wiederkunft

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der ewigen Wiederkunft, der Wiederholung des Gleichen. Inspiration für diese Arbeit war ein Auszug aus Friedrich Nietzsches »Also sprach Zarathustra – Ein Buch für Alle und Keinen«. Das Thema der ewigen Wiederkunft thematisiert Nietzsche besonders im folgenden Textausschnitt:

»Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins. Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet, Alles grüsst sich wieder; bleibt sich treu der Ring des Seins. In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall. Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.«

Diese Textpassage setzt den inhaltlichen Rahmen der Arbeit und wurde auf die quadratische Endlosfaltkarte gedruckt. Die Besonderheit der Karte besteht darin, dass sie unendlich oft gelfaltet werden kann, ohne dabei jemals zu einem Ende zu gelangen. Sowohl die Faltung als auch der Text finden durch das Umklappen eine Fortsetzung und sind endlos. Somit schließt sich der Kreis und das Unendliche wird sowohl durch die Faltkarte an sich als auch durch den ewig weiterführenden Text thematisch vereint.

Dieses zyklische Zeitverständnis nimmt in Nietzsches Philosophie eine zentrale Position ein. Demnach kehren alle Geschehnisse unendlich oft wieder. Inzwischen ist man sich durchweg einig, dass die ewige Wiederkunft ein sehr bedeutungsvoller Gedanke von »Also sprach Zarathustra« ist. Diese Unendlichkeit stellt für Nietzsche die Grundlage höchster Lebensbejahung dar. In seiner Autobiografie »Ecce homo« beschreibt der Philosoph den Moment der Eingebung mit flammenden Worten. Es ist die Rede von einer Erleuchtung und davon, dass »mit unsäglicher Sicherheit und Feinheit, Etwas sichtbar, hörbar wird, Etwas das Einen im Tiefsten erschüttert und umwirft, […] Man hört, man sucht nicht; man nimmt, man fragt nicht, wer da giebt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf. Mit Nothwendigkeit, in der Form ohne Zögern, – ich habe nie eine Wahl gehabt.« Diese tiefe Regung soll einen Tränenstrom bei Nietzsche ausgelöst haben, einen Zustand der vollkommenen Bestürzung. Nietzsche schließt die Beschreibung mit den Worten:
»Dies ist meine Erfahrung von Inspiration; ich zweifle nicht, dass man Jahrtausende zurückgehen muss.« Es wird klar, welch zentrale Rolle dieser Gedanke in Nietzsches Werk einnimmt. Wie der Nietzsche Biograph Rüdiger Safranski diesbezüglich feststellt, würde der Philosoph von nun an sein Leben in den Dienst dieses Gedankens stellen.