Stehsatz

Bleisatzkurs I 

Der »Bleisatzkurs I«  dieses Semesters gab den sechs »Ausgelosten« die Chance, die »schwarze Kunst« mit eigenen Händen auszuüben.

Die Studenten sollten sich mit dem Gedicht Eugen Roths »Der Schrift und Druckkunst Ehr und Macht« beschäftigen, um später eine eigene Zusammenstellung einreichen zu können, die dann zum Buch gebunden werden sollte.

Herr Gilsberger und Herr Westermaier, Setzer und Drucker von Beruf, gaben den Studenten alle notwendigen Anweisungen und Hilfestellungen, die sie benötigten, um ein erfolgreiches Resultat zu erzielen.

Das Setzen erwies sich als eine sehr anspruchsvolle Arbeit. Da gab es vieles zu beachten: wie muss man den Winkelhaken einstellen, was ist ein Punkt, wie viel Abstand braucht es zwischen den Buchstaben usw.

In der Werkstatt hatte jeder Student einen eigenen Platz, wo er seinen Setzkasten hinstellen konnte, um sein Schiff zu vervollständigen. Während dieser Zeit wurden die Studenten mit den Besonderheiten einiger Schriften vertraut. Die hilfsbereiten, freundlichen Herren unterstützen diesen Erfahrungsprozess durch Korrekturen und viele interessante Informationen.

Persönlicher Eindruck

Der Kurs ist bestens geeignet, um ein Bewusstsein für die lange und bis heute prägende Geschichte des Bleisatzes zu entwickeln. Allein das Material in Händen zu halten ist schon ein eigenartiges Gefühl. Ich gehöre zu einer Generation, die meist nur noch das Tippen kennt, daher war es eine angenehme Erfahrung, die einzelnen Buchstaben mit den Fingern in den Haken zu legen.

Als unerfreulich empfand ich, dass das Setzen für Anfänger überaus lange dauert.

Nur geübte Setzer sind im Stande jeden Buchstaben in Sekundenschnelle aus dem Kasten zu ziehen und die Abstände im Winkelhaken richtig einzuschätzen.

Trotzdem kann ich nur sagen, dieser Kurs hat sich total gelohnt. Ich empfehle ihn allen, die Interesse an nachempfundener Geschichte und / oder gerne ein wenig handwerkliche Abwechslung genießen möchten.

Stephanie Vouilléme
Typografie, 1. Semester

Eine handwerkliche Auseinandersetzung mit dem Thema »Laut und Leise«, vorgelegt von Stephanie Vouilléme. In ihrer Arbeit steht das imperative Verbot stellvertretend für den Begriff »Laut«. Demgegenüber wird das Erlaubte, das Gängige mit »Leise« gleichgesetzt. Die Arbeit lebt von dem nostalgisch anmutenden Stil ebenso wie von den Kontrasten und wurde komplett von Hand gefertigt.

Jochen Klaus
Experimentelle Textarbeit (3. Semester)

In der experimentellen Auseinandersetzung mit dem Thema »Text im Raster« entwickelte der Student Jochen Klaus einen transparenten Kubus, der durch mehrere Zwischenwände regelmäßig unterteilt ist. Die Verszeilen des Gedichtes »Labyrinth« von Jorge Luis Borges werden als Linien durch diesen Kubus in allen drei Raumdimensionen geführt. Die von unten kommende Beleuchtung betont durch deutliche Lichtreflexion die vertikale Raumteilung, so dass sich eine starke Vernetzung aus den ebenfalls leuchtenden Textlinien mit den Raumvertikalen ergibt.

Mit wechselnder Betrachterperspektive – beim langsamen Umschreiten des Kubus – verengt und erweitert sich dieses Netz. Sowohl Borges Gedicht als auch das Licht-Glas-Objekt exponieren Räume, die eine eindeutige Unterscheidung zwischen Innen- und Außensicht nicht zulassen – Borges als undurchdringliches Labyrinth, das »den Kosmos ganz umschließt«, der Kubus als vollständig transparenten Raum in seiner absoluten Inklusivität.

Experimentelle Textarbeit (3. Semester)
Thu Nga Nguyen

Mit der Aufgabe, die Botschaft eines Textes im experimentellen Umgang mit Raster aller Art zu erweitern, entwickelte die Studentin Thu Nga Nguyen diese wunderbare Symbiose aus Schriftträger und Schutzpolster – einem Poster, das zwischen Objekten den Zusammenstoß verhindern soll.

Elias Osiander, Theresa Schauer, Mia Stevanovic, Yvonne Budig

Innerhalb des Kurses Typografie entstand eine weitläufige Analyse der Bauer Bodoni, so weitläufig, dass sie nicht in ein Buch passte. Grund dafür war das große Interesse, jedes Detail, das zur Entwicklung der heutigen Bauer Bodoni führte, zu umfassen. So enthält das erste Buch ausschließlich Informationen über die damals herrschende Epoche, den Klassizismus, den Entwerfer der Schrift Giambattista Bodoni und dessen Lebenswerk. Außerdem beschäftigt sich Band eins mit der Geschichte der Bauerschen Gießerei, welche Bodonis Schriftentwurf  zu dem machte, was wir  heute als Bauer Bodoni kennen. Der zweite Band ist das Kernstück der Arbeit und enthält eine umfangreiche Analyse der Einzelzeichen. Schließlich wird im letzten Band auf die allgemeinen Merkmale der Schrift, den Vergleich der heutigen digitalen Bauer Bodoni mit jener aus Zeiten der Bauerschen Gießerei sowie auf einige aktuelle Anwendungsbeispiele eingegangen.

Die Bücher sind in einem schlichten Blocksatz gesetzt, ganz nach dem Vorbild Giambattista Bodonis. Inspiriert von Giambattistas sorgfältiger Auswahl von Papier und Druckfarbe, wurde die Analyse auf farbiges Papier gedruckt. Dies verleiht vor allem den Bildern einen besonderen Charme und lässt den klassischen Satzspiegel zeitgemäß wirken.

Sebastian Ibler, Marcel Menke

Nach Abschluss der Recherche bei den Überlegungen zum Vorwort des Buches wurde uns mehr  und mehr bewusst, wie sehr uns das Auseinandersetzen mit »dem Alten« und seinen Werken geprägt hat. Zu Beginn der Recherche war uns nicht bewusst, warum die Stempel Schneidler als Satzschrift so hoch gelobt wird. Wir vertraten die Ansicht, dass die Schrift aufgrund ihrer »würsteligen Serifen« nicht ästhetisch ist, in großen Größen nicht gut funktioniert und irgendwie knöchern wirkt. Nach und nach haben wir erkannt, dass man die Eleganz dieser Schrift erst sieht, wenn man verstanden hat, für welche Prinzipien F. H. Ernst Schneidler einstand und inwiefern sich seine Person in der Schrift widerspiegelt. Sie versucht nicht dem Betrachter ihre Form aufzudrängen, sondern nimmt sich zu Gunsten der Lesbarkeit zurück. Sie gibt dem Leser die Möglichkeit, sich voll und ganz auf den Inhalt zu konzentrieren.

Durch die detaillierte Recherche Caflischs bekommt man nicht nur einen tiefen Einblick in die umfangreiche Tätigkeit Schneidlers. Die Schilderungen der Schüler vermitteln einen fast schon intimen Einblick in sein Leben. Angefangen vom schwarzen Tee, den er mit ­Zitrone zu trinken pflegte, bis zu der Beziehung zwischen ihm und Antonia Anna Weiss. Wir haben ihn als einen Mann wahrgenommen, der bewusst agierte, dem das Anfangen und Arbeiten an der Sache mehr wert war als das Fertigstellen, dem es nie um das Prestige ging, sondern um seine Liebe zu dem was er tat, der besser verstand zu schweigen als zu reden. Immer selbstkritisch und darauf bedacht, das Beste aus sich und seinen Schülern heraus zu holen.

Printprojekt (3. Semester)
Benjamin Milde

Das Projekt begann bei dem Stichwort Differenz. Die anfänglichen Versuche, Texten beim Lesen eine neue klangliche Ebene hinzuzufügen, indem bestimmte Buchstaben aus dem Text fehlten, führten nicht zum gewünschten Erfolg. Jedoch zeigte es sich, dass fehlende Vokale sehr oft beim Laut-Lesen der übrigen Konsonanten vom Leser unbewusst ergänzt wurden. Ähnlich wie es in der Antike bei den Phöniziern geschah, wird auch heutzutage im Hebräischen nur in Konsonanten geschrieben.

Das Plakat gibt dieses Leseerlebnis für den Betrachter wieder, ohne dabei die gewohnten Vokale vollständig zu entfernen. Die als UV-Lack gedruckten Buchstaben sind nur minimal sichtbar. Sie sind jedoch genug Hilfe, um zu verhindern, dass der Leser zu lange ins Stocken gerät.

Printprojekt (3. Semester)
Alexander Wagner

Die Arbeit widmet sich der grundlegendsten Aufgabe der Typografie, denn vor allem dient sie dem Lesen. Dabei stellt sich die Frage, auf welche Weise ein Text von seinem Leser wahrgenommen wird und welche typografischen »Verirrungen« es ihm unmöglich machen, dessen Inhalt zu verstehen. Als Text wurde deshalb die Odyssee des griechischen Dichters Homer gewählt, in dem er die Irrfahrten des Helden Odysseus beschreibt. Aus den insgesamt 24 Kapiteln des antiken Werks wurden jeweils Auszüge entnommen und mittels unterschiedlicher typografischer Experimente deren Lesbarkeit beeinflusst. So wurden Wortabstände geändert, Buchstaben entfernt oder durch Sonderzeichen ersetzt, der Zeilenabstand variiert, oder ganze Zeilen verschoben, gedreht und gespiegelt. Um die möglichen Auswirkungen auf die Lesbarkeit beurteilen zu können, wurde die Abstraktion, wenn möglich, im Verlauf von oben nach unten verstärkt. So ist die Veränderung zunächst fast unbemerkt, tritt aber zum Ende umso deutlicher hervor.

Experimentelle Typografie
Der Köter

»Laut und Leise, Laut und Leise … Tja, was könnte ich da nur machen? Laut und Leise … Dieser blöde Köter vom Nachbarn, das kann’s doch nicht geben, kann der mal still sein? Den ganzen Tag bellt der. Furchtbar. Fenster zu. Laut und Leise. Echt schwierig das Thema! Huch!? Susi, wo kommst du denn her? Springst hier einfach auf den Laptop und willst gestreichelt werden? Ich kann jetzt nicht, ich muss was für die Uni machen. Laut und Leise. Laut und Leise. Ich schrei auch gleich mal ne halbe Stunde los, dann weiß der Köter auch mal, was laut ist! Laut.. Laut?«

So in etwa ist es mir gegangen, als ich mir Gedanken zur Aufgabenstellung »Laut und Leise« gemacht habe. Tagtäglich bellt der Nachbars-Hund, so dass man sich auf überhaupt nix mehr konzentrieren kann. Also für mich gibt es nichts lauteres als diesen Köter. Als Besitzerin von drei kleinen Mietzekatzen kenn ich mich dafür aber auch mit dem Leise-Sein aus. Weil die drei schaffen’s immer wieder, mich zu erschrecken, wenn sie ganz ganz leise auf ihren Samtpfoten hereingeschlichen kommen und plötzlich auf meinen Schreibtisch springen, weil sie natürlich jetzt sofort meine volle Aufmerksamkeit brauchen. Böse kann ich denen aber im Gegensatz zum Köter natürlich nicht sein.

Und eines habe ich daraus sogar noch gelernt, die beste Inspiration ist oft ganz nah. Zum Beispiel beim Nachbarn. Oder schnurrend auf dem Schreibtisch.

Die Wut auf Reisen in München
Milka Cindric, Robert Dunkel, Ingrid Kesza, Stefanie Stahl, Alexander Tagiev

Welche Emotionen sind beliebt? Freude, Euphorie, Geborgenheit. Aber was ist mit der Wut? Kurz, knapp und ausdrucksstark ist sie zwar negativ belastet, aber reizvoll für ein spannendes Typografieprojekt: fünf Studierende der MD.H wollten die WUT an gegensätzlichen Orten inszenieren. Auf dem Kinderspielplatz, in einer Kirche, auf dem Rasen der völlig leeren Allianz Arena. Wo man sie nicht erwartet, soll die Wut den Betrachter zum Nachdenken inspirieren. Das Making-Of gibt es hier zu sehen: http://www.youtube.com/watch?v=UxGcOIONyhM