Stehsatz

Medialab 7. Semester: Paul Kistner
Toncharakter durch Unterschrift – Darstellung und Klangerfahrung

Diese Processing-Arbeit lässt den Nutzer mit einem Wacom Tablett seine Handschrift auf den Bildschirm bringen. Die Schrift an sich vernetzt sich, je nach Schreib-Tempo. Zudem wurden auch noch verschiedenste Tonleitern in das Programm eingefügt, welche bei jedem noch so kleinem Punkt reagieren und beim Schreiben ganzer Sätze eine komplette Melodie erzeugen. Die Theorie dahinter ist die eines Gebäudes, das nur lebendig wird, wenn tatsächlich ein Mensch dieses bewohnt. So wird auch diese digitale Handschrift zum Leben erweckt durch die persönliche Schreibweise und Klangatmosphäre, die der Schreibende erzeugt.

Meine Zeit in Tel Aviv in der Agentur Bee Creations

Am Anfang kam ich in Tel Aviv an mit einem überwältigen Gefühl von (תהו ובהו) Tohuwabohu an, was ist das nur für ein Land, welche Menschen werde ich hier vorfinden und vor allem was wird mit mir während dieser Zeit geschehen. 

Meine ersten Eindrücke am Flughafen um 3 Uhr nachts durfte ich sammeln als ich ein Taxi in die Innenstadt mit einem israelischen Geographie Professor teilte. Dieser hieß mich willkommen mit dem Satz: »Welcome to the holy land ( אֶרֶץ הַקוֹדֵשׁ)!« Danach kamen viele verwirrende Äusserungen über die politische Lage des Landes, die komplexen soziologische Schichtung der Bevölkerung und kleinere gastronomische Tipps hier und da. Wie gesagt, sehr verwirrend, umso mehr für die Uhrzeit. Was sollte ich hier alles vorfinden? Die Ankunft an sich hatte mich schon ganz Meshugga gemacht (משוגעת). 

Was mich die Tage darauf erwartete, hätte ich mir so nicht ausmalen können. Die Menschen, die Kultur und das Leben in der Stadt hätte nicht ausgefallener sein können. Die »Big Orange«, wie man Tel Aviv in Anlehnung an den Big Apple nennt, wegen der vielen Orangenbäume, bietet eine Mischung aus Einflüssen des elektronischen Zeitalters, da jede große Software Firma dort ansässig ist, einschliesslich Apple und Microsoft, Märkte (sogenannte Shuks – שוק) die kleine Tunnel bilden, wo ein jeder am anderen klebt und kaum die angebotene Ware erkennen kann und auch jüdisch-orthodoxe Feste, mit für Fremde seltsamen Ritualen und andererseits Partys im deepsten Goa-Stil, wo man sogleich die Abgebrühtheit der Jugendkultur der Stadt spürt. Ein Erlebnis das man so schnell nicht mehr vergisst. 


Was die Agentur in der ich das Glück hatte mein Praktikum zu machen angeht, kann ich mich nur positiv äussern. Der Name Bee Creations deutet auf die Tugend der Biene. Sie ist strebsam, arbeitet produktiv im Team und das Resultat ist süß. So war auch mein Praktikum. Ein wahres Mischpoke-Gefühl ( מִשְׁפָּחָה); also familiär im positiven Sinne, nicht wie im deutschen wo man damit den unbeliebten Teil der Familie beschreibt, was ich erst bei meiner Rückreise erfuhr.  

Man traute mir sehr viel zu und ich durfte recht bald ganze Projekte gestalten (natürlich erst nach gelungenem Pitch). Was mir aber am gelegensten kam war die große Affinität meines Arbeitgebers gegenüber Schrift und Typographie. Dadurch kam es häufig zu interessanten Unterhaltungen und regem Austausch, wodurch ich noch einiges dazulernen durfte. Diese Gemeinsamkeit führte auch dazu, dass ich mehrere kalligraphische Logos für einige der Kunde der Agentur entwickeln durfte. Zweifellos der Höhepunkt meines Praktikums. 

Es entstand kein Ramsch (רָמָאוּת), wie man im Hebräischen sagt, und ich durfte eine großartige Erfahrung machen, von der ich noch lange profitieren werde.

Kalligrafie – meine Suche nach dem eigenen Duktus (Scheitern erlaubt)

Die Skizzen sind Teil des Moduls Typografie des zweiten Semesters. Man kann beobachten, welche Schritte ich bei der Entwicklung meines Duktus, durchlief. Meine ersten Versuche galten den Frakturen und den Initialen. In späteren Skizzen widmete ich mich mehr runden Formen, die ich mit kleinen Punkten oder Details kombinierte, um einen Einklang  zwischen Wort und Gestalt zu erreichen.

Ein erster Durchbruch gelang mir bei dem roten Schriftzug »Akustik«, den ich als Kompromiss zwischen den runden und langgezogenen Formen, erkannte. Es folgten unzähligen Varianten, während ich zur gleichen Zeit auch Bedeutung und Inhalt untersuchte, um zu sehen wie der Begriff an sich in meinem Verständnis auszusehen hatte.

Bleisatzkurs I 

Der »Bleisatzkurs I«  dieses Semesters gab den sechs »Ausgelosten« die Chance, die »schwarze Kunst« mit eigenen Händen auszuüben.

Die Studenten sollten sich mit dem Gedicht Eugen Roths »Der Schrift und Druckkunst Ehr und Macht« beschäftigen, um später eine eigene Zusammenstellung einreichen zu können, die dann zum Buch gebunden werden sollte.

Herr Gilsberger und Herr Westermaier, Setzer und Drucker von Beruf, gaben den Studenten alle notwendigen Anweisungen und Hilfestellungen, die sie benötigten, um ein erfolgreiches Resultat zu erzielen.

Das Setzen erwies sich als eine sehr anspruchsvolle Arbeit. Da gab es vieles zu beachten: wie muss man den Winkelhaken einstellen, was ist ein Punkt, wie viel Abstand braucht es zwischen den Buchstaben usw.

In der Werkstatt hatte jeder Student einen eigenen Platz, wo er seinen Setzkasten hinstellen konnte, um sein Schiff zu vervollständigen. Während dieser Zeit wurden die Studenten mit den Besonderheiten einiger Schriften vertraut. Die hilfsbereiten, freundlichen Herren unterstützen diesen Erfahrungsprozess durch Korrekturen und viele interessante Informationen.

Persönlicher Eindruck

Der Kurs ist bestens geeignet, um ein Bewusstsein für die lange und bis heute prägende Geschichte des Bleisatzes zu entwickeln. Allein das Material in Händen zu halten ist schon ein eigenartiges Gefühl. Ich gehöre zu einer Generation, die meist nur noch das Tippen kennt, daher war es eine angenehme Erfahrung, die einzelnen Buchstaben mit den Fingern in den Haken zu legen.

Als unerfreulich empfand ich, dass das Setzen für Anfänger überaus lange dauert.

Nur geübte Setzer sind im Stande jeden Buchstaben in Sekundenschnelle aus dem Kasten zu ziehen und die Abstände im Winkelhaken richtig einzuschätzen.

Trotzdem kann ich nur sagen, dieser Kurs hat sich total gelohnt. Ich empfehle ihn allen, die Interesse an nachempfundener Geschichte und / oder gerne ein wenig handwerkliche Abwechslung genießen möchten.