Stehsatz

Kalligrafie 2. Semester
Julia Nitzsche

»I see fire« ist ein Song von Ed Sheeran, der Ende letzten Jahres als Titelmusik zum Film »Der Hobbit: Smaugs Einöde« sehr bekannt wurde. In dem Lied geht es um die Kerngeschichte des Films, um Vernichtung, Elend, Feuer, Tod. Doch auch die Hoffnung und der gemeinschaftliche Zusammenhalt spielt im Lied, wie auch im Film, eine bedeutende Rolle. So soll auch diese Arbeit beide Seiten widerspiegeln.

Zum einen verdeutlicht der verbrannte Untergrund den Untergang und die Vernichtung des Dorfes im Film, das durch einen riesigen Drachen verbrannt wurde. Die Holzplatte wurde dazu angezündet, bis die Oberfläche rußig schwarz wurde und anschließend mit goldener Tinte bearbeitet.

Zum anderen symbolisieren die Schriftbahnen die Hoffnung und den Zusammenhalt im Lied. Eine Schrift, die für immer bleibt, egal was mit ihr passiert. Hier wurden die Leinwandstücke nach dem beschriften teilweise angezündet, wodurch ein effektvolles Gesamtbild entsteht. Trotz der Zündelei ist der Text immer noch lesbar, was gut zum Sinnbild passt. Die Schrift an sich entstand frei aus der Hand heraus.

Schriftanalyse »CC WildWords«
Felix und Max Kaiser

Unsere Entscheidung, die Schrift »CC WildWords« zu analysieren, stellte sich bei der Umsetzung der Arbeit als Herausforderung dar. WildWords ist eine Schrift des amerikanischen Letteringkollektivs Comicraft und wurde primär für die Verwendung in Comicbüchern während der 1990er-Jahre geschaffen. Sie wurde also entwickelt um die Dialoge innerhalb der Sprechblasen zu visualisieren, weshalb sie sich in Sachen Lesbarkeit und Verwendung stark von anderen Schriften unterscheidet. Dadurch entzieht sie sich den klassischen Merkmalen zur Analyse.

Um das spezielle Aufgabenfeld der WildWords verstehen zu können, galt es für uns also, den Blickwinkel zu vergrößern. Indem wir uns mit Comics, ihrer Funktionsweise und deren Verwendung von Typographie beschäftigt haben, ließ sich das Anforderungsprofil der Comicschrift leichter erfassen.

Unser Buch gliedert sich somit in drei Teile: Als Erstes die Geschichte des Comicmediums, beginnend bei seinen frühzeitlichen Wurzeln im alten Ägypten und bei den Maya über den Durchbruch als »comic strip« in Zeitungen bis hin zur Anerkennung als moderne Alternativliteratur. Als Zweites die Funktionsweise der Schrift als Stellvertreter für das gesprochene Wort. 
Im dritten Teil folgt dann die ausführliche Analyse von CC WildWords mithilfe der zuvor aufgestellten Erkenntnisse und Kriterien.

Dem Thema entsprechend haben wir uns bei der Gestaltung des Buches von der Optik klassischer Comicbücher inspirieren lassen. Das Format entspricht dem amerikanischen Standard, das vor allem durch Marvel und DC geprägt wurde. Zudem haben wir einen Charakter (»Der kleine Kaiser«) entwickelt, der als Erzähler in Comicform die Fließtexte immer wieder einleitet und kommentiert und den Leser als eine Art roter Faden durch die unterschiedlichen Teile führt.

Im Kontrast dazu haben wir das Seitenlayout der Fließtexte schlicht und modern gehalten, damit die Arbeit nicht zu sehr ins Unsachliche abgleitet.

Musikvisualisierung »Kelly watch the stars« von Air
Natalie Krönauer

Die Dualität von Realität und Phantasie sind die zentralen Themen der Visualisierung. So symbolisiert die geflochtene Drahtkugel die Erde in ihrer realen, starren Form mit allen Regeln und Gesetzen. Die Tonfolge (eine Klavierphrase bestehend aus zwei Musikinstrumenten) ist facettenreiches Sinnbild für eine sich offerierende Phantasiewelt; im Inneren der Drahtkugel durch ein schwebendes Objekt aus Würfeln und Pyramiden visualisiert.

5 x Certificate of »Typographic Excellence«

Bei der diesjährigen Preisvergabe des renommierten »New Yorker Type Directors Club« wurden 5 typografische Arbeiten von Studierenden der MD.H München ausgezeichnet. Die Schriftanalyse von Kevin Kremer, Miriam Rieger und Corinna Rusker zur »Theinhardt« und die Schriftanalyse von Lars Reiners, Lea Roth, Nadine Meyer und Benedikt Lämmel zur »Stempel Garamond« erreichten Platz 2 und 3 in der »Kategorie« Studenten. Die Schriftanalyse zur »Trump Mediäval«, die Bachelorarbeit »der Dialog« sowie die freie Textarbeit das »Equilibrium« wurden mit dem »Certificate of Typographic Excellence« gewürdigt.

Die Arbeiten sind vom 23. Juli bis 17. August 2014 in München zu sehen.

Ich gratuliere!

Berufe zwischen Beschleunigung & Stillstand

Das Buch zeigt Berufe, die von einer Beschleunigung oder Stillstand geprägt sind. Dies kann auf physischer oder auch psychischer Ebene der Fall sein. Es werden jeweils 10 Berufe auf jeweils 4 Seiten gezeigt. Das erste Buch handelt von folgenden entschleunigten Berufen: Bibliothekar, Bombenentschärfer, Künstler, Mönch, Museumswärter, Restaurator, Schmuckeremit, Schriftsetzer, Skriptor, Uhrmacher. Der Stillstand wird durch ein Quadrat dargestellt, welches für Ruhe und Beständigkeit steht. Ein gelber Farbrand auf jeder Seite unterstreicht dies und ist ein optisches Highlight.­­ Auf  der ersten Seite zum jeweiligen Beruf wird ein berufstypisches Element in Rasteroptik gezeigt. Die zweite Seite erklärt den Beruf in Bezug auf Beschleunigung & Stillstand. Die folgende Doppelseite zeigt informative, aber auch unterhaltsame Zitate oder Texte zu dem Beruf.

Das zweite Buch widmet sich diesen Berufen: Arzt, Balletttänzer, Extremsportler, Geheimagent, Kindergärtner, Koch, Pilot, Pizza-Lieferant, Stuntman, Soldat. Hier dient ein rotes Dreieck als Symbol für die Beschleunigung. Beide Bücher zeichnen sich durch eine grafisch reizvolle Gestaltung und Einfachheit aus. Ziel der Arbeit ist es, dem Betrachter einige interessante Berufe auf eine etwas andere Art zu zeigen. Darunter sind auch einige »ausgestorbene« Berufe.

Florian Schmidt
Objektvisualisierung

In meiner Visualisierung des Synthiepopklassikers »Kelly watch the stars« entstand ein Objekt, dass die im Lied vorrangig vorkommende Stimme im Verhältnis zu Synths und Bass darstellt. Für die fremdartig wirkende Stimme wird ein grüner Drahtstrang gewählt; der Synthesizer, genauer formuliert seine  sich auf engem Raum aufbäumenden, dichten Frequenzwellen werden durch spitze rote Dreiecke übersetzt.

Fotos: Lars Reiners

Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Miriam Rieger, Laura Ostermeier
Endlosfaltung – Die ewige Wiederkunft

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der ewigen Wiederkunft, der Wiederholung des Gleichen. Inspiration für diese Arbeit war ein Auszug aus Friedrich Nietzsches »Also sprach Zarathustra – Ein Buch für Alle und Keinen«. Das Thema der ewigen Wiederkunft thematisiert Nietzsche besonders im folgenden Textausschnitt:

»Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins. Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet, Alles grüsst sich wieder; bleibt sich treu der Ring des Seins. In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall. Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.«

Diese Textpassage setzt den inhaltlichen Rahmen der Arbeit und wurde auf die quadratische Endlosfaltkarte gedruckt. Die Besonderheit der Karte besteht darin, dass sie unendlich oft gelfaltet werden kann, ohne dabei jemals zu einem Ende zu gelangen. Sowohl die Faltung als auch der Text finden durch das Umklappen eine Fortsetzung und sind endlos. Somit schließt sich der Kreis und das Unendliche wird sowohl durch die Faltkarte an sich als auch durch den ewig weiterführenden Text thematisch vereint.

Dieses zyklische Zeitverständnis nimmt in Nietzsches Philosophie eine zentrale Position ein. Demnach kehren alle Geschehnisse unendlich oft wieder. Inzwischen ist man sich durchweg einig, dass die ewige Wiederkunft ein sehr bedeutungsvoller Gedanke von »Also sprach Zarathustra« ist. Diese Unendlichkeit stellt für Nietzsche die Grundlage höchster Lebensbejahung dar. In seiner Autobiografie »Ecce homo« beschreibt der Philosoph den Moment der Eingebung mit flammenden Worten. Es ist die Rede von einer Erleuchtung und davon, dass »mit unsäglicher Sicherheit und Feinheit, Etwas sichtbar, hörbar wird, Etwas das Einen im Tiefsten erschüttert und umwirft, […] Man hört, man sucht nicht; man nimmt, man fragt nicht, wer da giebt; wie ein Blitz leuchtet ein Gedanke auf. Mit Nothwendigkeit, in der Form ohne Zögern, – ich habe nie eine Wahl gehabt.« Diese tiefe Regung soll einen Tränenstrom bei Nietzsche ausgelöst haben, einen Zustand der vollkommenen Bestürzung. Nietzsche schließt die Beschreibung mit den Worten:
»Dies ist meine Erfahrung von Inspiration; ich zweifle nicht, dass man Jahrtausende zurückgehen muss.« Es wird klar, welch zentrale Rolle dieser Gedanke in Nietzsches Werk einnimmt. Wie der Nietzsche Biograph Rüdiger Safranski diesbezüglich feststellt, würde der Philosoph von nun an sein Leben in den Dienst dieses Gedankens stellen.

Ausstellung im PUC
Lars Reiners

Die Erfindung des Fließbands unterstützte die Beschleunigung der Arbeitsabläufe. Diese Beschleunigung ging aber oft mit immer schlechteren Arbeitsbedingungen einher. Doch ohne die Entwicklung des Fließbands wäre die Welt, so wie wir sie heute kennen, nicht vorstellbar. Dieses 12-seitige Leporello zeigt große Meilensteine der Fließbandentwicklung, wie z.B. die Union Stockyards in Chicago. Die Gestaltung lehnt sich an die Arbeitsweise der Fließbänder an; das Leporello ist selbst eine Art Fließband. Stellt man die Buchvorderseite an die Buchrückseite bildet sich der Titel der Arbeit: Das Fließband. Man kann das Leporello wie ein Buch zusammenfalten oder – wie in der Kunstausstellung – aufgeklappt lesen.

Musikvisualisierung: 1. Semester
Stefanie Kutzschbach, Visualisierung zu »Kelly watch the Stars«

Das Lied weckt durch sein vielschichtiges Klangmuster und den teilweise stark verzerrten Gesang die Vorstellung an fremde Welten. Deshalb bietet es sich an, die Musik in Form eines mehrschichtigen, farbenfrohen Universums zu visualisieren, das von außen nach innen betrachtet die einsetzenden Instrumente und deren Tonhöhe veranschaulicht. Die Farben sollen den Klang der jeweiligen Instrumente verdeutlichen, je tiefer das Instrument ist, umso dunkler ist also auch die Farbe.

Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Miriam Rieger, Laura Ostermeier
Wortskulpturen: Gewalt – Gefangen – Auflehnung

 

Baum im Herbst von Hermann Hesse

Noch ringt verzweifelt mit den kalten
Oktobernächten um sein grünes Kleid
mein Baum. Er liebt’s, ihm ist es leid,
Er trug es fröhliche Monde lang,
Er möchte es gern behalten.

Und wieder eine Nacht, und wieder
Ein rauher Tag. Der Baum wird matt
Und kämpft nicht mehr und gibt die Glieder
Gelöst dem fremden Willen hin,
Bis der ihn ganz bezwungen hat.

Nun aber lacht er golden rot
Und ruht im Blauen tief beglückt.
Da er sich müd dem Sterben bot,
Hat ihn der Herbst, der milde Herbst
Zu neuer Herrlichkeit geschmückt.

In Hermann Hesses Gedicht »Baum im Herbst« geht es um den so genannten Kreislauf des Lebens. Dieser Kreislauf des Lebens kann als ein Zustand zwischen Stillstand und Beschleunigung gesehen werden: Festhalten – Aufgeben – Bekommen.

Um das Ganze vor dem Hintergrund der Zeit des Ersten Weltkrieges zu betrachten und zu veranschaulichen werden die Worte Gewalt – Gefangen – Auflehnung verwendet. Sie zeigen einen ganz eigenen Kreislauf des Lebens, der auf den ersten Blick eher negativ erscheint, es aber nicht ist:

Gewalt ist eine Form des Kämpfens, um persönliche Werte durchzusetzen. Die Buchstaben fügen sich gegenseitig Gewalt zu, sie scheinen sich gegenseitig zu durchbohren, zu durchdringen und aufzuspießen.

Gefangen ist eine Form des Aufgebens und des gebrochenen Willens. Die verschachtelten Buchstaben wirken eng, bedrückend und scheinen sich resigniert ihrer Gefangenschaft hinzugeben.

Auflehnung ist eine Form neu gewonnene Hoffnung und Kraft zu zeigen. Die Buchstaben dieses Objektes scheinen der Gravitation zu trotzen. Sie türmen sich schräg nach oben auf und scheinen eine Revolte zu beginnen.

Durch die freie Anordnung im Raum kann der Betrachter das Projekt aus unterschiedlichen Perspektiven betrachte und so immer wieder neu erfahren.