Stehsatz

Schrift und Kalligrafie 2. Semester
Stefan Stork

Laut und Leise sind gegensätzliche Pole – das Laute nimmt dem vermeintlich Leisen die Aufmerksamkeit. Das Objekt soll die öffentliche Wahrnehmung der »NSA« verdeutlichen: Eine sich weltweit ausbreitende Krake, die gleich einer Spinne leise und kaum wahrnehmbar ihre Fäden spinnt und Personen von öffentlicher Relevanz sowie mutmaßlicher Gefährlichkeit überwacht. Nach jeder Enthüllung eines neuen Aspektes der Überwachung durch die »NSA« wird diese – sicher zurecht – lautstark und unübersehbar in den Medien angeprangert.

Hier stehen sich die fast geräuschlose Unauffälligkeit des Klandestinen und der zornige Aufschrei der Empörung gegenüber, sie verknüpfen und überlagern sich in dieser Arbeit konkret zu einem (Faden-) Geflecht, aus dem sich die Versalien »NSA« schälen.

Fotos: Lars Reiners

Schriftanalyse der Gill Sans – Typografie 2. Semester
Carolin Ganterer, Stefanie Kutzschbach, Christoph Reinwardt, Maria Theresia Steiner

Knapp 90 Jahre nach der Entstehung hat Arthur Eric Rowton Gills markantester Beitrag zur Schriftgestaltung des 20. Jahrhunderts kaum von seiner Beliebtheit eingebüßt. Die Gill Sans erschien 1928 im Auftrag von Stanley Morrison (Monotype Corporation Ltd., London) und kann bis heute als eine der schönsten und lesbarsten Groteskschriften gelten. Die San Serif nimmt Bezug auf die Proportionen der Renaissance-Antiqua, verfügt über stark differenzierte Einzelformen, Strichstärkenunterschiede, eine horizontale Zeilenführung und eine nach links geneigte Achse.

Dem geschulten Auge wird die künstlerische Verbindung ihres exzentrischen Schöpfers zu Edward Johnston nicht entgehen, dessen abendlicher Kalligrafieunterricht wohl Initialzündung für den Kunsthandwerker Gill war. Sie ist »die britischste aller Schriften, nicht nur im Erscheinungsbild (schlank, angemessen und voller zurückhaltendem Stolz), sondern auch in ihrer Anwendung – The Church of England, BBC, der Penguin-Verlag.« [1] 

Die Studierenden Carolin Ganterer, Stefanie Kutzschbach, Christoph Reinwardt und Maria Theresia Steiner haben dieser Schrift zwei sehenswerte Büchlein gewidmet. Sie beleuchten ihre Entstehung und Bedeutung im zeitlichen Kontext, die Unterschiede zwischen Bleisatzformen und digitalen Typen, spiegeln dabei markante Einzelzeichen sowie den Charakter Gills. Lesenswert.

[1] Garfield, Simon, 2010 : Just my Type. Ein Buch über Schriften, Ullstein Buchverlage, Seite 50

[2] Fotos: Veronika Disl, Carolin Ganterer, Stefanie Kutzschbach, Christoph Reinward, Maria Theresia Steiner

Geschenk und Verpackung

Das Motto der Weihnachtsdekoration dreht sich dieses Jahr um das Thema des Geschenkes und des Verpackens. Besonders zu Weihnachten entsteht oft immer wieder der gleiche Trubel um die Wahl und Anschaffung des richtigen Geschenkes für die Lieben. Weihnachten gilt nicht umsonst als das Fest des Konsums.

Mit der diesjährigen Weihnachtsdekoration soll deshalb gerade der Gedanke aufgegriffen werden, dass doch gar nicht so sehr der materielle Inhalt der Gaben im Fokus stehen sollte.

Anstatt reich ausgefüllter und dekorierter Geschenkpäckchen finden somit drei riesige, nur durch das umlaufende goldene »Geschenkband« definierte Kuben und viele kleine, auf dieselbe Weise auf ihr Skelett reduzierte Papierpäckchen ihren Platz in der Eingangshalle der MD.H. Die Pakete an sich bleiben also innen bis auf die darin platzierten Tische und Bänke (und natürlich deren Besucher) leer. Es wird der Raum verpackt. Und wie schon der Verhüllungskünstler Christo erkannte, oder wie es ja auch der Sinn eines liebevoll verpackten Geschenkes ist, wird allein schon durch die Verpackung der Inhalt zu etwas besonders Wertvollem.

Auch in der dazugehörigen Weihnachtskarte wird dieses Prinzip aufgegriffen. Durch eine spezielle Falttechnik verpackt sich die bis auf das schimmernde Papier schlicht gehaltene Karte quasi selbst und offenbart erst nach und nach durch das schrittweise entfalten Teile von Ringelnatz Gedicht »Schenken«.

Ein großer Dank geht an all die Helfer, die unermüdlich die vielen Meter Stoff an der Nähmaschine genäht, und die unzähligen Karten mit größter Sorgfalt gefaltet haben.

Typografie 3. Semester
Manuel Schäfer, Florian Schmidt

Die Idee für das Projekt mit dem Namen »Typografie im Raum« entdeckten wir in einer Aufzugskabine: ein sich scheinbar endlos wiederholender Raum zwischen zwei Spiegeln. Bei den Überlegungen, wie man sich diese Spiegelungen für unser typografischen Projekt zu Nutzen machen könnte, stießen wir u.a. auf die Problematik, dass wir uns beim Betrachten des unendlichen Raumes im Lift stets selbst im Weg standen. Die Lösung schien simpel, machte die Konstruktion allerdings aufwändig: Wir mussten dem Betrachter die Möglichkeit geben, von Außen an dem Schauspiel teilzunehmen. Mit der Idee von zwei sich gegenüberliegenden Spiegeln, von denen einer der beiden eine Durchsicht von der Rückseite erlaubt, erhofften wir uns den gleichen Effekt der endlosen Wiederholung in einem kompakten Objekt. Durch die mehrfache Spiegelung der Schrift entsteht eine optische Täuschung, die die Worte an die Außenwand eines nicht existierenden Raums in Form eines Tunnels projiziert.

Bereits bei der Planung des zu bauenden Objektes ergaben sich zahlreiche Probleme. Auch die Umsetzung erwies sich schwieriger als gedacht, so musste z.B. die Größe wiederholt angepasst werden. Auf die Bodenplatte des Rahmens wurde eine Spiegelkachel mit etwas Spiel auf allen Seiten geklebt. Um diesen herum wurden Acrylglasplatten, welche man mit Folie beklebte, die mit Schrift bedruckt waren, aufgestellt. Im daraus entstandenen Hohlraum zwischen den bedruckten Platten und den Latten des Holzrahmens befinden sich ca. 75 übereinander gereihte LED’s, welche die Schrift von hinten beleuchten. Für die zweite Spiegelung wurde eine Plexiglasplatte mit durchlässiger, aber spiegelnder Chromfolie versehen, welche den Rahmen bündig verschließt. Auf dieser wurden noch Abdeckhölzer angebracht, damit der Zwischenraum, in dem sich die LEDs befinden, nicht sichtbar ist.

Mit dem Text »Durch Wiederholung wird sogar das Banalste zur Kunst« wird der Betrachter aufgrund der quadratischen Form des Rahmens im Kreis um das Objekt geleitet. Der Spiegelkasten reflektiert nicht nur das Licht aus seinem inneren, sondern auch seinen Betrachter.

Kalligrafie und Schrift, 2. Semester
Sara Markieton

Für mich ist der Tanz vor allem die Kunst den Dingen Ausdruck zu verleihen, die man nicht in Worte fassen kann – Gleiches vermag die Kalligrafie. Ein schwungvoller, auf und ab bewegter Schwellzug der Feder bestimmt hier den Duktus. Die Konturen der Buchstaben wurden auf schwarzem Schaumkarton gezeichnet, der Schriftzug »Dance« als Gravur erstellt.

Fotos: Lars Reiners

Schriftanalyse der Caslon 540
John Haag, Jochanan Hermann, Manuel Schäfer, Florian Schmidt und Stefan Stork

Die Schriftfamilie Caslon ist eine der wichtigsten Vertreter der Barock Antiqua. Sie gilt als Einleitung der englischen Schriftgeschichte, da vor William Caslons Wirken in England Schriften hauptsächlich importiert und kopiert wurden. Weil in England die meisten verwendeten Schriften aus niederländischen Schriftgießereien stammten, hat sich auch William Caslon an holländischen Barock-Typen orientiert. Nach der Veröffentlichung der berühmten Einblattschriftprobe von William Caslon im Jahr 1734, wird England erstmalig zum Exporteur von Schriften, und die Caslon zur meistverwendeten Schrift Großbritanniens. Die Caslon wird unter anderem zur Schrift des britischen Königshauses und der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

»Caslon ist nicht gleich Caslon«

Da die Caslon eine alte Barock Antiqua ist, die bis heute erfolgreich verwendet wird, gibt es viele unterschiedliche Schriftschnitte aus den verschiedenen Epochen.

Angefangen mit dem Erfolg im 18. Jahrhundert, der irgendwann durch das Aufkommen neuer Barock-Schriften wie der Baskerville abnimmt, erlebt die Caslon einen weiteren Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen neuer Drucktechniken. Weiterhin entstehen ab 1900 unzählige Versionen der Caslon, auch durch die zunehmende Digitalisierung und der Einfügung von Typografie in elektronische Medien, von denen jedoch der Großteil unbrauchbar ist.

Unsere Schriftanalyse bezieht sich auf eine sehr gelungene Version, der Caslon 540 aus dem Jahr 1902, die von den American Type Founders veröffentlicht wurde.

Dabei gliedert sich das Buch in zwei Teile, die Geschichte und die Analyse. Zunächst wird der Werdegang der Schrift, das Leben von William Caslon und die Geschichte der Schriftgießerei umfassend dargestellt, während im zweiten Teil eine ausführliche Analyse der Einzelzeichen sowie ein Schriftvergleich erfolgt. Verglichen wird dabei die Caslon 540 mit der Adobe Caslon um die teils extremen Unterschiede der Typen innerhalb der Schriftfamilie Caslon  darzustellen. Die Caslon ist eine zeitlose und schöne Schrift, die sich für Fließtexte wie auch Auszeichnungen bestens eignet.

Autor: John Haag; Fotos Buch: Veronika Disl, Manuel Schäfer, Florian Schmidt, John Haag, Jochanan Hermann, Stefan Stork

Composing
Feyza Demirören, Paulina Meider, Veronika Disl

Durch das Composing, also das Zusammensetzen verschiedener Bildmaterialien zu einem neuen Motiv eröffnen sich vielfältigste Gestaltungsmöglichkeiten. Besonders faszinierend und facettenreich stachen bei der Themenauswahl die Fotos der Beautymontage heraus.

Somit fiel die Wahl auf diese Art der Bildmanipulation, wobei wir uns für zwei sich kontrastierende Ausführungen entschieden.

Während das erste Bild vor allem auf farbenfrohen Akzenten und ornamentalen Ausprägungen mit einem sanften Fashion-touch beruht, zeichnet sich das zweite durch einen vereisten, mysteriösen und tiefgründigen Charakter aus, welcher vor allem durch die Zersplitterung und Verzerrung der Perspektive dominiert wird.

Besonderen Wert legten wir bei der Arbeit darauf, schon so viel wie möglich »in der Realität zu montieren«. Da ein Composing oft sehr skurrile, unnatürliche und eigentlich unmögliche Gegebenheiten darstellt, sollte auch bereits das Styling der Models außergewöhnlich ausfallen. Dies gestaltete sich als besondere Herausforderung, da wir nicht nur die anschließende Bildbearbeitung übernahmen, sondern auch gleichzeitig selbst als Makeup-artist, Model und Fotograf agierten. Letztendlich wurde das erste Model opulent und farbenfroh geschminkt, die Haare mit extremen Halt seitlich horizontal abstehend befestigt und mit echten Blättern, Ästen und Federn versehen. Ebenso erhielt das zweite Model ein Makeup in blau-silbernen Tönen und wurde für den schneeartigen Effekt im gesamten Gesicht mit künstlichen Eiskristallen bestreut.

Kalligrafie und Schrift, 2. Semester
Stefanie Kutzschbach

In der Typografie wird normalerweise nichts dem Zufall überlassen. Mein »Alphabet im Geäst« war hingegen ein Projekt, dessen Ausgang zu Beginn nicht komplett vorhersehbar war. Denn die Natur hat ihren eigenen Willen, den der Mensch, wenn überhaupt, nur begrenzt beeinflussen kann. So war anfangs nicht ganz klar, an welcher Stelle oder im Geäst welchen Baumes die einzelnen Buchstaben gefunden und fotografiert werden können. Nach intensiver Sammlung entstand ein komplettes Alphabet aus Holz und Ästen, das meinen Blick auf Bäume wohl nachhaltig verändert hat.

Good Typography is invisible – Bad Typography is everywhere
Feyza Demirören, Typografie 2. Semester

Ziel meiner Arbeit war, die beiden Aussagen für das Thema »Laut und Leise« schlicht und einfach darzustellen. Da gute Typografie bei der Bevölkerung oftmals übersehen wird, wurde der erste Satz in schwarzen Buchstaben auf schwarzem Untergrund gesetzt. Im Gegensatz kommt aber leider schlechte Typografie oft zum Einsatz und wird daher sehr stark wahrgenommen. Deswegen habe ich die untere Hälfte der Buchstaben weiß gelassen und die obere Hälfte schwarz angemalt, sodass durch die weißen Bereiche der Text stark auffällig und »laut« wird.

Fotos: Lars Reiners

Schriftanalyse der Melior
Natalie Krönauer, Joelle Lenz, Julia Nitzsche

Elegant, eigenwillig, sachlich, streng, traditionell, machtvoll – Die Melior wird von Hermann Zapf als »Gebrauchsschrift von schier unbegrenzter Vielseitigkeit« bezeichnet, der sie 1952 unter der D. Stempel AG in Frankfurt am Main veröffentlichte. Die einfachen Formen, die weder der Klassizistischen, noch der Renaissance-Antiqua ganz zugeschrieben werden können, haben ihren eigenen Reiz. Die »Besserschrift« sollte als neue Zeitungsschrift unter den damalig beschränkten Druckverhältnissen gut bestehen.

Die offene Haltung der Melior durch ungewöhnliche Rundformen, abgeleitet von der Superellipse, weckten unser Interesse, dieser Schrift auf den Grund zu gehen. Vor allem, weil die Melior eine relativ unbekannte Schrift von Hermann Zapf ist, ermöglichte diese uns eine völlig neue Schriftanalyse zu verfassen, die es vorher noch nicht gab.

Die Schriftanalyse geht einleitend auf Zapfs Leben und sein schriftschaffendes Werk ein, gefolgt von der detaillierten Auseinandersetzung mit der Melior und ihren Einzelzeichen. Schließlich werden diverse Anwendungen der Schrift veranschaulicht, worunter das wohl bekannteste Beispiel das Erscheinungsbild des Deutschen Bundestags ist. Im Rahmen einer bundesweiten Ausschreibung wurde das Corporate Design des Deutschen Bundestags vom büro uebele in Stuttgart entwickelt. Die Wortmarke »Deutscher Bundestag« wird ausschließlich in der Melior regular gesetzt. Grundsätzlich wurde diese Schrift gewählt, da sie durch ihre besonderen Formeigenschaften sich besonders gut an die überarbeitete Bildmarke des Bundesadlers anpasst und somit bürgerliche Einfachheit und Nähe ausdrückt.