Stehsatz

unverstanden
Bachelorarbeit: Larissa Gorzawski
Philipp Luidl († August 2015)
unverstanden

die neugier des fensters

wächst mit der dunkelheit
lösch ich das licht

wendet das fenster
sich an den himmel

dort redet der stern
die sprache der schöpfung

und nacht für nacht
wiederholt das glas
die unverstandenen worte

Was kann man finden – nur in diesen paar Zeilen Text? Schon auf den ersten Blick werden aus dem Gedicht des Typografen Philipp Luidls intensive Emotionen ersichtlich – aber was, wenn man noch tiefer geht?

Mit Feder und Tinte spüre ich in meiner Bachelorarbeit allem nach, was in diesen elf Zeilen Text verborgen ist. Ich verzeichne die Rhythmik und die Balance ebenso wie die Emotionen, bis eine dichte, umfassende Karte entsteht.

Autor: Larissa Gorzawski, Fotos: Lars Reiners

Kulturdesign – Intervention Gärtnerplatz
Bachelorarbeit: Mia Stevanovic

Dieses experimentelle Konzept für Kulturdesign strebt eine weniger kommerzielle Grundlage an, wobei das Gärtnerplatztheater in München als Anwendungsbeispiel dient.

Plakatreihe sowie Logo sind wandelbar und orientieren sich optisch am ebenfalls neu angedachten Gebäude, welches am Gärtnerplatz, für experimentelles Theater sowie Open Stage zur Verfügung stehen soll. Dieses besteht aus hydraulisch bewegbaren Ringen, welche die stetige Veränderung des Erscheinungsbildes ermöglichen. Zwischen den Ringen sind Mediameshes gespannt, auf welchen Kulissen abgespielt oder gerade stattfindende Aufführungen öffentlich übertragen werden können. Zudem wurde ein Konzept angedacht bei welchem Aufführungen immer online übertragen werden sowie einige interaktiv aus dem Netz beeinflusst werden können. Dies wurde anhand einem kurzen selbstgeschriebenem Stück bei einer Vernissage demonstriert.

Experiment Siebdruck

Es ist alles vorbereitet. Holzrahmen sind mit vorhangähnlichen Nylonstoffen bespannt, Schablonen sind darauf angebracht und Farbpigmente wurden mit der nach Marzipan riechenden Siebdruckpaste und Wasser zu einer leuchtenden Farbemulsion vermischt. Jetzt fehlt nur noch Papier und Rakel dann kann es losgehen.

Gemeinsam mit Herrn Golf, dem ehemaligen Leiter der Siebdruckwerkstatt, der »Akademie der Bildenden Künste«, München hatte unsere Studentengruppe die Möglichkeit sich an die, für uns neue Technik des Siebdruckens heranzutasten und auszuprobieren.

Dazu setzten wir uns inhaltlich mit den Lautgedichten des österreichischen Dichters und Schriftstellers, Ernst Jandl auseinander. Gerade der rhythmisierte Aufbau und Witz der Gedichte stellt in Kombination mit den vielerlei Gestaltungsmöglichkeiten im Siebdruck den besonderen Reiz dar.

Jeder von uns hat relativ schnell ein Gedicht ausgewählt und dazu unterschiedliche Ideen für die Umsetzung entwickelt. Beim Drucken selbst ist natürlich nicht immer alles auf Anhieb gelungen, aber genau das machte es ja gerade so spannend. Nämlich selbst ein Sieb mit Schablonen zu bekleben, die eigens angemischte Farbe mit einem Rakel hindurchzudrücken und während des Anheben des Siebes zu hoffen, dass alles gut gegangen ist und der Druck so aussieht wie erhofft.

Entstanden sind Plakate und Postkarten in verschiedenen Formaten, von krachend-leuchtend bis strukturiert und flächig. Das Experiment Siebdruck ist gelungen und geht sicherlich bald in die nächste Runde.

Veronika Disl, Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Laura Ostermeier, Miriam Rieger, Lena Rößner, Lars Reiners, Silvan Wenig

Profectio – lat. für Aufbruch bildete das Motto des diesjährigen Diplomalmanachs, denn schließlich ist für die Bachelorabsolventen der Abschluss des Studiengangs vor allem ein Aufbruch in etwas Neues.

Der Diplomalmanach wurde dieses Jahr in Form eines Magazins realisiert. So werden auf 71 Seiten die neuen Mediadesign-Absolventen mit ihren Bachelorarbeiten festgehalten und vorgestellt, aber auch die Dozenten kommen zu Wort.

Das Thema Aufbruch findet sich hierbei passend ebenso im Fotokonzept wieder: Die Absolventen wurden in Bewegung mittels Langzeitbelichtung so aufgenommen, dass die dabei entstehenden dynamischen Bewegungsspuren quasi ihren »Aufbruch« auch für das Auge sichtbar werden lassen.

Was die Entstehung dieses Magazins betrifft geht besonderer Dank an das engagierte Team aus Studenten, die, obwohl gerade mitten im Praktikumssemester spontan einspringen konnten und noch nach getaner Agenturarbeit zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

Bleisatz – Setzen und Drucken mit Leidenschaft

Es ist Montag 14.30 Uhr in der Druckwerkstatt. Herr Gericke begrüßt uns, eine kleine Gruppe aus Studenten, herzlichst zum wöchentlichen Bleisatzkurs. Wir kennen Herrn Gericke als leidenschaftlichen Schrift-Lithographen und Meister auf dem Gebiet der schwarzen Kunst und nicht zuletzt als gute Seele der Werkstatt schon seit einiger Zeit. Mit ihm gemeinsam haben wir bereits einiges gesetzt, Initialen gezeichnet und natürlich vieles gedruckt.

Bei diesem Bleisatzkurs im speziellen hatten wir die Möglichkeit freie Interpretationen zu den Lautgedichten, des österreichischen Dichters und Schriftstellers, Ernst Jandl umzusetzen. Der typographische Rhythmus der Gedichte, in Zusammenhang mit deren Inhalt und Bedeutung waren dabei für die Gestaltung maßgeblich.

Bei der Umsetzung unserer teilweise doch anspruchsvollen Ideen, wurden wir stets tatkräftig von Herrn Gericke unterstützt und inspiriert. Sei es bei der Suche nach der passenden Schrift, dem Setzen selbst, oder beim Drucken mit den verschiedenen Druckmaschinen der Werkstatt, was für uns immer besonders spannend ist. Denn hier ist man bei jedem Abzug aufs Neue gespannt, wie der Druck geworden ist und ob der angemischte Farbton oder auch der Gesamteindruck die Erwartungen erfüllen. Natürlich kommt es auch manchmal vor, dass etwas nicht auf Anhieb klappt, aber in einem solchen Fall wird nicht gleich aufgegeben. Gemeinsam mit Herrn Gericke finden wir eigentlich immer eine Lösung für die kleinen Problemchen, die das Drucken zeitweise sabotieren, gerade weil Herr Gericke durch seine jahrelange Erfahrung stets ein paar gute Tipps und Tricks im petto hat.

Es sind viele unterschiedliche und vor allem individuelle Arbeiten entstanden, teilweise auch in Kombination mit Drucken aus dem Siebdruck.

Alles in Allem hat es uns Studenten mindestens genauso viel Spaß gemacht, wie Herrn Gericke, unsere Ideen mit historischen Lettern und Druckmaschinen umzusetzen und wir freuen uns auf weitere spannende Projekte.

Carolin Ganterer, Natalie Krönauer, Stefanie Kutzschbach, Julia Nitzsche
Analyse (3. Semester)
Dank einer intensiven Auseinandersetzung mit dem designaffinen Reise- und Lifestyle-Magazin Cereal haben die vier Studentinnen eine formal und inhaltlich anspruchsvolle Studie entwickelt. Im Nachspüren der eigenwilligen, minimalistischen Form- und Rauminszenierungen Ihres Objektes entstand auch eine optisch sensible, klar durchkonstruierte Analye, die die Besonderheiten des Magazins durch den Blickwinkel der Studentinnen gut nachvollziehbar macht.

Kalligrafie 2. Semester
Stephanie Dehler

Die Kalligrafiearbeit pendelt zwischen traditioneller Schriftzeichnung und Graffitokunst. Sie ist geprägt vom Gegensatz zwischen runden und eckigen Formen, zwischen der Haptik des bearbeiteten und des unbearbeiteten Papiers sowie durch die unterschiedlichen Grauabstufungen.

Das zitierte Sinnspruch »Man erkennt den Autor vielleicht besser aus der Schrift als aus dem Leben« beschreibt im Bezug auf Typographie exakt das, was in der Graffiti-Szene wohl bekannt und grundlegend für das Selbstverständnis eines jeden Sprayers ist. Die Zeichnung demgegenüber orientiert sich an den Konventionen der Schriftgestaltung.

Kalligrafie 1. Semester
Emily Henderson
Mit meiner freien Kalligrafie Arbeit wollte ich zeigen, dass ein Wort auf Papier nicht immer mit Feder und Tinte geschrieben werden muss. Papierkunst ist unglaublich faszinierend und vielfältig. Meine Arbeit wurde von der russischen Künstlerin Yulia Brodskaya inspiriert: Sie kreiert Bildnisse von Menschen und Schriftbilder – rein aus Papier und Kleber bestehend. Bei meiner Arbeit formte ich das Wort »hello« aus vielen dünnen Streifen (gelbes Papier) und ließ mehrere Wirbel aus der Schrift herauswachsen um so ein schönes Gesamtbild zu erreichen.
Katharina Krepil
Musikvisualisierung 1. Semester

Ausgangspunkt meiner Visualisierung des Songs »Kong« von The Notwist war der Gedanke, sowohl Musik als auch Text in Form, Material und Farbe zu repräsentieren. Der Aufbau in Form dreier Säulen spiegelt die Bestandteile Rhythmus- und Saiteninstrumente sowie Gesang wider. Die Höhe der Säulen, die aus gestapelten Papierkreisen bestehen, entspricht hierbei ihrem Anteil im Song – was dem Hörer deutlich im Ohr klingt, drängt dem Betrachter gewissermaßen ins Auge.

Die Farben, weiß und rot, entsprechen dem emotionalen Sphären – weiß steht für den Glauben, den das lyrische Ich dem titelgebenden Wesen Kong entgegenbringt sowie die Hilferufe an eben jenes Wesen, rot steht für die musikalische Dynamik und erhoffte Veränderung. Die drei Säulen sind mit zunehmender Höhe versetzt, sie sind also feste Sockel und vertrauensvolle Garanten von Stabilität, aber auch sich fortentwickelnde, gefährdete Gebilde von ungewisser Zukunft.


Dies gibt den Grundton des Songs wieder: ein Schwanken zwischen Hoffen, Glauben, Halt, Sehnsüchten, Veränderung.

Meine Zeit in Tel Aviv in der Agentur Bee Creations

Am Anfang kam ich in Tel Aviv an mit einem überwältigen Gefühl von (תהו ובהו) Tohuwabohu an, was ist das nur für ein Land, welche Menschen werde ich hier vorfinden und vor allem was wird mit mir während dieser Zeit geschehen. 

Meine ersten Eindrücke am Flughafen um 3 Uhr nachts durfte ich sammeln als ich ein Taxi in die Innenstadt mit einem israelischen Geographie Professor teilte. Dieser hieß mich willkommen mit dem Satz: »Welcome to the holy land ( אֶרֶץ הַקוֹדֵשׁ)!« Danach kamen viele verwirrende Äusserungen über die politische Lage des Landes, die komplexen soziologische Schichtung der Bevölkerung und kleinere gastronomische Tipps hier und da. Wie gesagt, sehr verwirrend, umso mehr für die Uhrzeit. Was sollte ich hier alles vorfinden? Die Ankunft an sich hatte mich schon ganz Meshugga gemacht (משוגעת). 

Was mich die Tage darauf erwartete, hätte ich mir so nicht ausmalen können. Die Menschen, die Kultur und das Leben in der Stadt hätte nicht ausgefallener sein können. Die »Big Orange«, wie man Tel Aviv in Anlehnung an den Big Apple nennt, wegen der vielen Orangenbäume, bietet eine Mischung aus Einflüssen des elektronischen Zeitalters, da jede große Software Firma dort ansässig ist, einschliesslich Apple und Microsoft, Märkte (sogenannte Shuks – שוק) die kleine Tunnel bilden, wo ein jeder am anderen klebt und kaum die angebotene Ware erkennen kann und auch jüdisch-orthodoxe Feste, mit für Fremde seltsamen Ritualen und andererseits Partys im deepsten Goa-Stil, wo man sogleich die Abgebrühtheit der Jugendkultur der Stadt spürt. Ein Erlebnis das man so schnell nicht mehr vergisst. 


Was die Agentur in der ich das Glück hatte mein Praktikum zu machen angeht, kann ich mich nur positiv äussern. Der Name Bee Creations deutet auf die Tugend der Biene. Sie ist strebsam, arbeitet produktiv im Team und das Resultat ist süß. So war auch mein Praktikum. Ein wahres Mischpoke-Gefühl ( מִשְׁפָּחָה); also familiär im positiven Sinne, nicht wie im deutschen wo man damit den unbeliebten Teil der Familie beschreibt, was ich erst bei meiner Rückreise erfuhr.  

Man traute mir sehr viel zu und ich durfte recht bald ganze Projekte gestalten (natürlich erst nach gelungenem Pitch). Was mir aber am gelegensten kam war die große Affinität meines Arbeitgebers gegenüber Schrift und Typographie. Dadurch kam es häufig zu interessanten Unterhaltungen und regem Austausch, wodurch ich noch einiges dazulernen durfte. Diese Gemeinsamkeit führte auch dazu, dass ich mehrere kalligraphische Logos für einige der Kunde der Agentur entwickeln durfte. Zweifellos der Höhepunkt meines Praktikums. 

Es entstand kein Ramsch (רָמָאוּת), wie man im Hebräischen sagt, und ich durfte eine großartige Erfahrung machen, von der ich noch lange profitieren werde.