Stehsatz

Eine phantasievolle Arbeit von Alexander Reinecke zwischen Graffito, traditionellem Pinselstrich & dynamischem Schattenwurf

Die ungewöhnliche kalligrafische Arbeit von Alexander Reinecke nutzt moderne Einflüsse aus Streetart bzw. Graffiti-Stilen in Kombination mit tradierter Pinseltechnik. Als Materialien und Werkzeug dienten ihm Plexiglas und ein flachpinseliger Kalligrafie-Stift. Durch das stets neue, fast unendliche Möglichkeiten bietende Zusammenwirken von Licht, Perspektive und Schattenwurf entfaltet die Arbeit ihre besondere, höchst eigenständige Wirkung. Sie ist, obschon auf einfacher Grundidee aufbauend, eine Visualisierung der »coincidentia oppositorum« – also der Gleichzeitigkeit der Gegensätze: kraftvoll & fein, flüchtig & klar, ruhig & lebendig.

Fotos: Lars Reiners

 

Workshop Type Design: Urban Type – Eine typografische Spurensuche im Stadtbild 
Hanna Rasper

Die Stadt ist voller Buchstaben und Zeichen. Im Fokus eines mehrtägigen Typo-Workshops an der Mediadesign Hochschule Berlin standen Schriftfragmente im urbanen Raum, die sich erst auf den zweiten Blick offenbaren.

Hanna Raspers Suche nach spannenden typografischen Fragmenten, führte direkt an die Knotenpunkte der Hauptstadt, wie dem Alexanderplatz oder dem Kottbusser Tor. Dort fand die Studentin jede Menge Vorlagen für die von Ihr erdachte Schrift, welche schlicht und einfach dem bestehen sollte, was Tauben der Stadt hinterlassen.

Aus den unzählgen Fotografien wurde am Ende des Workshops ein Alphabet aus 26 Versalbuchsstaben erstellt, welche komplett oder einzelnen Buchstaben auf Plakate und Postkarten gedruckt wurden.

Kalligrafie – meine Suche nach dem eigenen Duktus (Scheitern erlaubt)

Die Skizzen sind Teil des Moduls Typografie des zweiten Semesters. Man kann beobachten, welche Schritte ich bei der Entwicklung meines Duktus, durchlief. Meine ersten Versuche galten den Frakturen und den Initialen. In späteren Skizzen widmete ich mich mehr runden Formen, die ich mit kleinen Punkten oder Details kombinierte, um einen Einklang  zwischen Wort und Gestalt zu erreichen.

Ein erster Durchbruch gelang mir bei dem roten Schriftzug »Akustik«, den ich als Kompromiss zwischen den runden und langgezogenen Formen, erkannte. Es folgten unzähligen Varianten, während ich zur gleichen Zeit auch Bedeutung und Inhalt untersuchte, um zu sehen wie der Begriff an sich in meinem Verständnis auszusehen hatte.

 Kalligraphie 2. Semester
Natalie Kennepohl
»Dieses entbehrlich gewordene Spiegelbild werden Sie jetzt auslöschen, lieber Freund«

Das Magische Theater soll die Höchste aller Disziplinen lehren, die Fähigkeit des distanzierten Humors und somit die »eigene Welt sichtbar machen« (Hermann Hesse, Gesammelte Werke, Band 7, Seite 366). Dieses Magische Theater ist der Kommunikationsträger zwischen dem aktuellen Seelenzustand und der ruhenden, potentiellen Lebensmöglichkeiten. Es soll die Selbstfindung begleiten und zur Billigung und Akzeptanz der eigenen Teilidentitäten führen. Der Humor soll eine Lösungsperspektive aus der alltäglichen Depression und Melancholie sein. Dem neurotischen Menschen wird im Magischen Theater im wahrsten Sinne des Wortes der Spiegel vorgehalten und dadurch mit seinem Unterbewusstsein konfrontiert, um sich letztlich zu allen seinen Teilidentitäten zu bekennen.

Die beabsichtigt bildvolle und poetisierte Sprache Hermann Hesses, wirkt vor allem durch seine häufigen Wiederholungen, Doppelungen und Entgegensetzungen. Deshalb wurde eine Schrift entwickelt, die sich angenehm und harmonisch in das Gesamtbild einfügt, ohne sich dem Inhalt überzuordnen, oder den Leser beziehungsweise den Betrachter abzulenken. Die spiegelverkehrte Schrift greift das viel erwähnte Element des Spiegels auf und schafft somit eine Brücke zum Inhalt.

 

Lisa Maria Tiefenthaler
Typografie 2. Semester

Meine Arbeit umfasst die geometrische Entwicklung eines Alphabets mit Ligaturen und Satzzeichen. Die handwerklich konstruierte Schrift erhält durch die schräg gestellte Schriftlage mehr Dynamik. Die Versalhöhe (z.B.: M, W, N) und die Mittellänge (x-Höhe) der Minuskeln sind teilweise identisch und unterscheiden sich durch einen verlängerten Strich der Majuskeln. Die Dickte der Minuskeln ist (bis auf wenige Ausnahmen) einheitlich, die Zeichen besitzen Elemente von einfachen gebrochenen Schriften.

Ich habe sie dazu eingesetzt die Werke »Faust. Der Tragödie erster Teil.« und »Der Erlkönig«von Johann Wolfgang von Goethe umzusetzen. Entstanden sind eine farbige Lesezeichen-Serie und mehrere Plakate.

»Einfach dufte!« – der Initialenkurs bei Peter Gericke

In einer kleinen, persönlichen Runde findet einmal wöchentlich der Initialen-Kurs unter der Leitung von Peter Gericke statt. Herr Gericke ist leidenschaftlicher Schrift-Lithograph und entwickelt zusammen mit den teilnehmenden Studenten ganz individuelle Initialen.

Die entstandenen Buchstaben werden im Buchdruckverfahren auf Postkarten gedruckt und finden zudem Anwendung in anderen Kreationen, die in der Druckwerkstatt geschaffen werden.

Doch wie genau entstehen diese schmuckvollen und oft farbenfrohen Buchstaben?

Zuerst skizzieren die Studenten ihre Vielzahl an Ideen und können hierbei ihrer Kreativität sprichwörtlich »freien Lauf lassen«. Mit einer unerschöpflichen Begeisterung begutachtet Herr Gericke die entstandenen Entwürfe und entwickelt die Ideen gemeinsam mit den Studenten weiter. Daneben vermittelt nicht nur das Fachwissen rund um die Initiale und die Typografie im Allgemeinen, sondern erzählt auch von seinen Erfahrungen, die er während seiner Tätigkeit als Schrift-Lithograph sammeln konnte. Der Spaß an der »Arbeit« steht dabei stets im Vordergrund und so herrscht entspannte Atmosphäre. Der Idee folgt der Feinschliff, der durch die fachmännisch geschulte Hand von Herrn Gericke geschieht. Nach jedem Kurstag nimmt er sich einen »Schwung« neuer Entwürfe mit nach Hause und perfektioniert die Ideen bis zum nächsten Termin. Nach der Fertigstellung eines Druckklischees und der Auswahl der Farben, aus denen die Initialen bestehen sollen, werden diese mit einer Abziehpresse, ganz in alter Tradition realisiert.

Es wird also gezeichnet, gelacht und gespannt den Erzählungen von Herrn Gericke gelauscht, was jeden Kurstag zu einem individuellen Erlebnis macht und zudem eine wunderbare Sammlung an Initialen hervorbringt.

Oder, wie Herr Gericke sagen würde: »Einfach dufte!«

Initialen Teil 2: Zum Entwurf zum Druck

Im Initialenkurs von Peter Gericke sehen und verfolgen die Studierenden den langen Weg vom Entwurf der Initiale bis zum fertigen Druckwerk aus der Handpresse.

Es beginnt mit der klassischen Herangehensweise – dem zeichnerischen Entwurf (siehe Blogeintrag vom 20.9.2012). Hierauf folgt die Reinzeichnung, die viel Augenmaß, eine ruhige Hand, Geduld und Sorgfalt verlangt – erschwerend kommt hinzu, dass jede Farbe eine eigene Zeichnung verlangt, die sich präzise und  passgenau mit den andersfarbigen Elementen zu einem fehlerfreien Gesamtbild einfügen muss. Bei diesem diffizilen Prozess ist die kritische Begleitung eines erfahrenen Auges, nicht selten die praktische Unterstützung einer meisterlichen Hand wahrlich eine unschätzbare Hilfe.

Im zweiten Abschnitt wird mit Hilfe dieser Vorlagen die Herstellung der sogenannte Nyloprints für den späteren Druck vorbereitet. Die Nyloprints selbst stellt ein externer Druckservice gemäß der Reinzeichnung her. Der eigentliche Druck beginnt, wie auf den Fotos zu sehen, mit dem Ablösen der alten vorherigen Nylos, die in der Regel für zukünftige Projekte aufgehoben werden – sie sind schließlich für die Studierenden kaum wieder herzustellende Unikate.  Im Anschluss wird der Unterbau angepasst, dessen Breite auf die Größe des Nyloprints und dessen Höhe auf die Schrifthöhe justiert werden muss. Schließlich werden die Nylos montiert, die Abziehpresse eingerichtet und die Farbe gemischt. Wie ein erfahrender Buchdrucker weiß, wird dabei stets etwas Weiß beigemischt, wodurch eine gleichmäßigere, flächigere Farbwirkung entsteht. Nun kann endlich, nach vielen Stunden des Entwerfens (und Verwerfens), des sorgsamen Zeichnens, der externen Fertigung der Druckvorlage, des Montierens und Farbmischung der Druck beginnen.

Nach dem ersten Farbauftrag wird das Blatt zum Trocknen aufgehängt, dann folgt der Druck der nächsten. Um die Passgenauigkeit der einzelnen Druckschritte zu erreichen, greift der erfahrene Drucker nicht selten auf die Technik des Drehpunktschließens zurück. Etwaige kleinere Ungenauigkeiten können so ausgeglichen werden.

Auch hier schafft es Herr Gericke wieder, die im digitalen Zeitalter Aufgewachsenen für klassische, althergebrachte Fertigkeiten zu interessieren und für das haptische, handwerkliche Erlebnis zu begeistern.

Mia Stevanovic

Eine ausdrucksstarke Kalligrafie legt Mia Stevanovic vor. Ungewöhnlich streng in der klaren Ausrichtung von rechts oben nach links unten, wirkt sie sehr diszipliniert und dabei doch expressiv. Die horizontalen, verwaschenen, in die Gegenrichtung mäandernden Elemente auf der linken Seite kontrastieren stark mit der exakten, präzisen, die Senkrechte betonenden Schrift auf der anderen Seite.

Fläche und Schrift stehen sich in Blau und Schwarz auf getöntem Papier gegenüber, fast wie durch einen Falz getrennt, gegensätzlich und dabei doch harmonisch.

Sebastian Ibler
Kalligrafie – alte Schreibtechnik im Experiment

Sebastian Iblers eindrucksvolle Arbeit, die im 2. Semester Schrift und Typografie entstand, ist ein gutes Beispiel dafür, wie handwerkliches Können gestalterische Kräfte freisetzt und befeuert.

Der traditionellen Fassung mit Pinsel und Farbe stellt Ibler einen inversen Entwurf gegenüber, bei dem er die Schriftzeichen mit einem Maskierungsfilm auftrug, anschließend die gesamte Fläche Schwarz bemalte, um im letzten Schritt das Maskierungsmaterial zu entfernen, so dass der papierene Untergrund wieder hervortrat.