Stehsatz

 Kalligraphie 2. Semester
Natalie Kennepohl
»Dieses entbehrlich gewordene Spiegelbild werden Sie jetzt auslöschen, lieber Freund«

Das Magische Theater soll die Höchste aller Disziplinen lehren, die Fähigkeit des distanzierten Humors und somit die »eigene Welt sichtbar machen« (Hermann Hesse, Gesammelte Werke, Band 7, Seite 366). Dieses Magische Theater ist der Kommunikationsträger zwischen dem aktuellen Seelenzustand und der ruhenden, potentiellen Lebensmöglichkeiten. Es soll die Selbstfindung begleiten und zur Billigung und Akzeptanz der eigenen Teilidentitäten führen. Der Humor soll eine Lösungsperspektive aus der alltäglichen Depression und Melancholie sein. Dem neurotischen Menschen wird im Magischen Theater im wahrsten Sinne des Wortes der Spiegel vorgehalten und dadurch mit seinem Unterbewusstsein konfrontiert, um sich letztlich zu allen seinen Teilidentitäten zu bekennen.

Die beabsichtigt bildvolle und poetisierte Sprache Hermann Hesses, wirkt vor allem durch seine häufigen Wiederholungen, Doppelungen und Entgegensetzungen. Deshalb wurde eine Schrift entwickelt, die sich angenehm und harmonisch in das Gesamtbild einfügt, ohne sich dem Inhalt überzuordnen, oder den Leser beziehungsweise den Betrachter abzulenken. Die spiegelverkehrte Schrift greift das viel erwähnte Element des Spiegels auf und schafft somit eine Brücke zum Inhalt.

 

Das Buch der Bücher im 21. Jahrhundert – Ein Experiment zur Gestalt der Bibel

Ziel der Arbeit war es, eine Gestaltenversion der Bibel zu entwickeln, welche den Menschen durch eine neue optische und semantische Darbietungsweise einen neuen Zugang zu diesem wohl bedeutendsten Werk der Menschheitsgeschichte eröffnet.

Deuteronomium 4,44–11,32

Ausgewählt wurde aufgrund seiner zeit- und gesellschaftsunabhängigen Bedeutsamkeit der Sinnabschnitt der Überlieferung der Zehn Gebote: Deuteronomium 4,44–11,32. Unabhängig davon, ob ein Mensch gläubig ist, oder nicht, lässt sich eines nicht von der Hand weisen: Die Zehn Gebote repräsentieren einen Sittenkodex, welcher als Grundlage für friedliches Zusammenleben aufgefasst werden kann. Auch in der modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts sind die im Dekalog verwurzelten Verhaltensprinzipien noch gültig. Diese Feststellung ist für das Erreichen des Ziels, den Menschen einen neuen Zugang zur Bibel zu ermöglichen, essentiell.

Hektik und Schnelllebigkeit prägen die Lesekultur

Im digitalen Informationszeitalter ist die Lesekultur zunehmend von Hektik und Schnelllebigkeit geprägt. Im Zentrum steht daher die Idee, den Leser mit Hilfe einer systematischen Textkodierung zur Entschleunigung zu zwingen. Die Verschlüsselung erfordert beim Leser die Bereitschaft, sich vollkommen auf den Text einzulassen und sich konzentriert und in Ruhe mit ihm zu befassen, um so einen neuen, individuellen Zugang zu ihm zu erlangen.

Kodierung, Dekodierung und Begreifen

Die mühsame Entschlüsselung steht symbolisch für das Begreifen der Bibel in ihrer Gesamtheit. Strebt man ein solches Verständnis der Bibel an, welches bislang sicherlich nur äußerst wenige Menschen tatsächlich erreicht haben, darf man keine Mühe scheuen.

Die Frage nach der Art des Verschlüsselungssystems wurde mithilfe einer typografischen Herangehensweise beantwortet. In Anbetracht der Fülle an möglichen Verschlüsselungssystemen wurde die Bezugnahme auf die sumerische Keilschrift der alten Babylonier und Assyrer zur Grundlage für die Wahl eines Systems, welches die Schrift an sich ins Zentrum ihrer Logik rückt.

Durch die systematische Weiterentwicklung der Abstraktion bis zur völligen Auflösung bekannter typografischer Formen wurde eine französische Renaissance-Antiqua, angelehnt an die Hollander, entworfen von Gerard Unger, aller Stämme, Bögen, Schultern, Hälse, Schlingen, Stege, Balken, Schleifen, Grund- und Haarstriche beraubt, bis letztlich lediglich ihre Serifen und einige andere, zur Unterscheidung der Buchstaben notwendige, charakteristische Einzelteile übrig blieben. Von der Verschlüsselung ausgenommen blieben die Satzzeichen. Die daraus resultierende Typo-Matrix erweckt auf den ersten Blick den Anschein fremdartiger Blindenschriften oder erinnert gar an Schriftsysteme anderer Kulturräume. Erst bei näherer Betrachtung wird klar, dass es sich um die Überreste einer westlichen Schrift handelt.

Interpretationsansatz zu Stanley Kubricks A Clockwork Orange
Elena Georg, Hanna Rasper, Natalie Kennepohl, Laura Ostermeier

»Das hier bin ich: Alex und meine drei Droogs: Pete, Georgie und Dim. Wir hockten in der Korova Milchbar und wir überlegten uns, was wir mit diesem Tag anfangen sollten. In der Korova Milchbar konnte man Milch Plus kriegen. Milch mit Velocet. Das heizt einen an und ist genau das richtige, wenn man Bock auf ein paar Ultrabrutale hat.«

Zentral ist die Rolle des Individuums und dessen Persönlichkeitsentfaltung innerhalb der Gesellschaft, zwischen Regierung und Wissenschaft, zwischen Moral und Trieben. Die Hauptfigur Alex handelt nach seinen Trieben und Gelüsten, die hauptsächlich von Gewalt und Sex gelenkt sind. Dabei gerät er aber mit der Regierung, dem Machthunger und dessen Gesetzen in Konflikt und muss sich diesen fügen. Die Wissenschaft bemächtigt sich der Gewalt über ein einzelnes Individuum und unterzieht ihn zur eigenen Machtgewinnung einer Gehirnwäsche und regelrechten Beraubung des Selbst. Da die Ästhetisierung von Gewalt, Vergewaltigung, Raub und Mord allerdings moralisch kritische Eigenschaften sind, ist »A Clockwork Orange« mehr als nur umstritten.

Steht das Wohl der Gesellschaft über der Freiheit des Individuums oder gerade anders herum? Diese und viele ähnliche Fragen, die in dem Film thematisiert werden, sind keine Fragen der 70er geblieben. Wir stellen sie uns auch und finden keine eindeutige Antwort darauf und gerade deswegen fasziniert und reizt uns dieses Thema. In unserer westlichen Gesellschaft, in der wir nahezu alle Möglichkeiten haben, ist das Problem unserer Zeit, dass gerade viele junge Leute keinen Weg finden und große Unsicherheit herrscht. Besonders in unserem Berufsfeld wird uns immer wieder gesagt, individuell zu sein, innovativ zu arbeiten und dabei gesellschaftsverträglich zu bleiben. Aber wie individuell darf man sein, ohne moralische Grenzen zu übertreten? Oft wird behauptet, es gäbe keine Tabus mehr zu brechen. Doch scheiden sich gerade an Werken wie »A Clockwork Orange« die Geister um dessen Tauglichkeit als Meisterwerk oder Schundfilm.

In unserer Fotostrecke wollen wir hauptsächlich bekannte Schlüsselszenen interpretieren und den Charakter des Films verdeutlichen. Hierbei soll die Spannung zwischen Faszination und Abstoßung, wie in unserem Vorbild, spürbar sein. Es wird im Folgenden zur Erklärung die Geschichte über den Film aus unserer Sicht erzählt.

Der Dialog

Trotz des immensen Zuwachses an technischen Neuerungen im Bereich der Kommunikation bestimmt soziale Isolation heutzutage den Alltag in den Industrienationen. Die soziale Phobie zählt zu einer der meist verbreiteten Angststörungen in Europa. Haben wir es verlernt, miteinander in Kontakt zutreten?

Immerhin kommunizieren und interagieren wir heutzutage nahezu pausenlos über mobile Geräte. Ist ein Dialog, also ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht überhaupt noch zeitgemäß und bietet er einen Mehrwert gegenüber der virtuellen Kommunikation? Oder ist genau DAS die Krux an der Sache – suchen wir ständig nur nach einem »Nutzen« in unserer Kommunikation, der eine wahre kreative Entfaltung eines Gesprächs von vorneherein verhindert?

Mit diesen Fragen setzt sich »Der Dialog« auseinander. Neben einer gedruckten Konzeption wurde ein interaktives Magazin für das iPad gestaltet.

Weitere Links zur Arbeit:

Die offizielle Webseite: www.der-dialog.net

Der Film: https://vimeo.com/73561744

Typografie 2. Semester:  »Laut & Leise«

Auch 27 Jahre nach dem tragischen Atomunglück von Tschernobyl im Jahre 1986 ist das Ereignis in unseren Köpfen verankert und steht nicht nur als Warnmal für den respektvollen Umgang mit mächtigen Technologien sondern vor allem als Denkmal für all die Arbeiter und Helfer, die sich unmittelbar am Ort des Geschehens zur Zeit der verheerenden Explosion befanden – ganz zu schweigen von denjenigen, die in Folge der radioaktiven Verstrahlung bis in die heutige Zeit unter den Ausmaßen der Katastrophe zu leiden haben.

Typografisch steht Tschernobyl für das Laute – die Opfer für das Leise. Um diesen würdig entgegenzutreten wurde neben den beiden eigentlichen Arbeiten eine zusätzliche Konzeption entworfen, die sämtliche Opfer der Tragödie namentlich erwähnt und deren individuellen Schicksale einzeln auflistet und behandelt. Somit soll der Aufgabe die nötige Untermauerung verliehen werden, die, bei einem so sensiblen Thema, unabdinglich ist.

Lisa Maria Tiefenthaler
Typografie 2. Semester

Meine Arbeit umfasst die geometrische Entwicklung eines Alphabets mit Ligaturen und Satzzeichen. Die handwerklich konstruierte Schrift erhält durch die schräg gestellte Schriftlage mehr Dynamik. Die Versalhöhe (z.B.: M, W, N) und die Mittellänge (x-Höhe) der Minuskeln sind teilweise identisch und unterscheiden sich durch einen verlängerten Strich der Majuskeln. Die Dickte der Minuskeln ist (bis auf wenige Ausnahmen) einheitlich, die Zeichen besitzen Elemente von einfachen gebrochenen Schriften.

Ich habe sie dazu eingesetzt die Werke »Faust. Der Tragödie erster Teil.« und »Der Erlkönig«von Johann Wolfgang von Goethe umzusetzen. Entstanden sind eine farbige Lesezeichen-Serie und mehrere Plakate.

Miriam Rieger, Kevin Kremer, Corinna Rusker
Typografie 2. Semester: Analyse der Theinhardt Grotesk

Ein Steckbrief der »Theinhardt Grotesk« würde recht einfach aussehen. Es handelt sich bei der 2009 veröffentlichten Schrift um eine statische Grotesk des Schweizers François Rappo, die stark der »Akzidenz-Grotesk« von Berthold ähnelt. Doch wer hätte gedacht, dass sich während der Recherche für die Schriftanalyse mehrere geschichtliche Widersprüchlichkeiten auftun.

Geschichtliche Widersprüchlichkeiten

Dabei ging es stets um eine Schrift – die »Royal Grotesk«. Basierend auf einem Schriftmuster dieser Serifenlosen schuf François Rappo seine »Theinhardt Grotesk«, benannt nach Ferdinand Theinhardt, einem Schriftgießer und -schneider zwischen 1820 und 1906. Die bereits erwähnten Widersprüchlichkeiten handelten stets davon, ob Ferdinand Theinhardt die »Royal Grotesk« geschnitten hatte, oder nicht. Die umfassende Recherchearbeit, auch zu anderen einflussnehmenden Schriften und Schriftgießereien des frühen 20. Jahrhunderts, wurde in einem großen geschichtlichen Teil in der Schriftanalyse verarbeitet. Die Frage, ob Ferdinand Theinhardt nun die »Royal Grotesk« geschnitten hat, konnte nicht ganz beantwortet werden.

Formale Aspekte

Der zweite Teil der Schriftanalyse beinhaltet u.a. die umfassende Analyse der formalen Aspekte der »Theinhardt Grotesk«. Speziell zu der Wirkung der Schrift, findet sich ein ausklappbares Poster im Buch, das die Eigenschaften der »Theinhardt Grotesk«, als »neutraler Berichterstatter« besonders hervorhebt. Außerdem war Herr Rappo gegenüber der Beantwortung von Fragen recht aufgeschlossen und so ist auch ein abschließendes Interview im Buch enthalten, das alle Fakten rund um die »Theinhardt Grotesk« nochmals zusammenfasst.

Bei der Gestaltung sollte der Schweizer Stil formgebend sein. Die Wahl der Farben ist recht schlicht und beschränkt sich auf Schwarz, Weiß und Rot. Bei den Bildern wurde verstärkt auf eine Rasteroptik zurückgegriffen mit einer zusätzlichen, roten Farbüberlagerung. Diese Farbüberlagerung findet sich in dem rot-transparentem Schuber wieder, in dem sich die großformatige Schriftanalyse befindet, welche etwas kleiner ist als A3. Das große Format des Buches sollte einen Rückbezug zu dem ursprünglichen Einsatz der Serifenlosen schaffen, die zu Beginn ausschließlich als Auszeichnungsschrift und demnach sehr groß, verwendet wurden. Ein weiteres besonders Gestaltungselement sind die Fußnoten, welche durch eine Vielzahl an Quellen teilweise recht ausladend sind. Diese wurden dem Raumaufbau zuträglich, frei angeordnet.

Der Teufelskreis – Leporello mit besonderem Dreh

Das Leporello erzählt einen Ausschnitt aus dem bekannten Werk »Orpheus und Eurydike« von Homer. Dabei steigt Orpheus in die Unterwelt, um seine Geliebte, Eurydike, zu retten. Es wird ihm erlaubt, diese wieder aus der Unterwelt zu befreien, aber nur, wenn er sich auf diesem Weg nicht zu ihr umdreht. Doch von so großer Liebe ergriffen, dreht er sich um und Eurydike verschwindet wieder in die Unterwelt. Homer erzählt in seinem Werk von sich wiederholenden Kreisläufen.

Der Text wurde auf Latein in der Capitalis Quadrata mit Bandzugfeder geschrieben. Um den Abstieg Orpheus’ in die Unterwelt und die Behandlung von Kreisläufen aufzunehmen, entschied ich mich für ein Leporello, welches durch einen besonderen Schnitt im ausgeklappten Zustand einen Kreis ergibt. Zudem fällt der Text auf jeder Seite eine Zeile nach unten, sodass dieser am Ende am Boden steht. Das Schlusswort »Vicit amor« wurde mit roter Tinte hervorgehoben.

 

Einblick in die Vielfalt der Arbeiten
Nathalie Kennepohl, Jochen Klaus, Kevin Kremer, Lars Reiners, Stella Legrottaglie, Hanna Rasper, Miriam Rieger, Mia Stevanovic

Der Almanach zeigt die Bachelor- und Masterarbeiten der Absolventen des Fachbereiches Mediadesign. Jede Arbeit wird auf zwei Seiten präsentiert. Auf der Vorderseite ist das Auge der jeweiligen Person zu sehen. Hierfür wurden die Augen der Personen im Vorfeld fotografiert. Auf der Rückseite mit den Informationen über die Arbeit befinden sich in der Mitte die Kontaktdaten des Absolventen. Dank der Perforierug kann man diese heraustrennen und als Visitenkarte verwenden. Die einzelnen Seiten wurden mit einer Buchschraube zu einem Fächer gebunden. Das Konzept, die Gestaltung und Umsetzung stammen von Studenten des Fachbereichs Mediadesign unter Leitung von Prof. Sybille Schmitz.

Vor über zwei Monaten saßen wir das erste mal zur Ideenfindung zusammen und entschieden uns für die Iriden. Denn jedes Auge ist einzigartig, unverfälschbar und ein optisches Meisterwerk der Natur. Daraufhin wurden die Absolventen fotografiert und jedem aus der Gruppe wurde eine Reihe von Personen zugewiesen. Daraufhin wurden die Ergebnisse zusammengetragen und für den Druck vorbereitet. Nach viel Schweiß und Fleiß konnten wir dann vor einigen Tagen den druckfrischen Almanach in Händen halten.

Der Almanach kann auf der Werkschau diesen Donnerstag und Freitag erworben werden und bietet einen Einblick in die Vielfalt der Arbeiten. In dieser Zeit verwandeln sich die Räume der Hochschule in eine große Ausstellung. Neben dem Fachbereich Mediadesign werden auch die Abschlussarbeiten der Fachbereiche Modedesign und Gamedesign gezeigt. In der Druckwerkstatt werden außerdem gelungene Semesterarbeiten der Mediadesigner ausgestellt. Das kommen lohnt sich!