Stehsatz

Bachelorarbeit: Maria Weiss
Intuitive Space – Intuition im Negativraum
Idee

Die Intention der Arbeit ist, das abstrakte Wesen der Intuition in Raum und Zeit fassbar zu machen. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie den »geistigen Erfolgs­gesetzen« der Schwingung, Rhythmus und Imagination wurde ein intuitiver Raum konzipiert und gestaltet. In Form einer multimedialen Installation »Intuitive Space« wird der Betrachter als Akteur im so genannten »Negativraum« interaktiv einbezogen. Der Negativraum bezeichnet den erlebten Stimmungsraum zwischen den Objekten und ist somit das Gegenteil vom Positivraum, den physisch Objekte im Raum einnehmen. Diese Dualität spiegelt sich im Ver­hältnis von Verstand und Intuition wider. Die Herausforderung besteht darin, den Negativraum so zu gestalten, dass die Intuition ans Licht tritt.

Umsetzung

Im Schwarzraum verschmelzen die wahrgenommene, physischen Grenzen zwischen Betrachter und Raum. Ein flaches schwarzes Becken, mit Wasser gefüllt, dient als Projektionsfläche. Auf diese Wasserfläche projiziert ein oben installierter Beamer eine typografische Animation. Die Animation zeigt Negativformen der Botschaften der Intuition wie Rhythmus, Schwingung, Wahrnehmung usw. als abstrakte verfremdete Lichtformen. Der Betrachter wird mit Text in Negativformen konfrontiert. Die Wasseroberfläche reagiert auf die im Raum erklingenden Töne der großen Schwingungskörper – Gongs, gespielt von Klangmusikerin Doris Ostertag. Diese bringen kosmische, intensive Töne hervor, die uns zwar immer im Alltag umhüllen, allerdings in einer nicht wahrnehmbarer Intensität.

Dadurch wird die Darstellung der Darstellung der typografischen Animation auf dem Wasser verzerrt und verfremdet, sodass Betrachter dazu angeregt wird, sich mit der Installation auseinander zu setzen, um zu einem kontemplativen Zustand zu gelangen und dem inneren Intuitionskanal näher zu kommen. Die äußeren Einflüsse im Raum führen zur inneren Betrachtung.

Typografie und Schrift, 2. Semester: Nicolai Bähr

Meine freie Schriftarbeit ist eine Art Hybrid, eine Verschmelzung zwischen dem asiatischen und dem römischen Formenkanon. Experimentelle Textstrukturen, präsentiert in einem Tryptichon, sollen das Prinzip der Lesbarkeit herausfordern, ja konterkarieren und letztlich in Frage stellen. Das O greift hierbei störend in die Textstruktur ein.

Inspiration dafür fand ich in der Arbeit des amerikanischen Streetartkünstlers Retna, der seine eigene Zeichenmatrix angelehnt an die oder vielmehr der asiatischen und der arabischen Schriftkunst entlehnt entwickelte.

Typografie 2. Semester: Schriftanalyse
Lilian Karr, Anna Maria Ott

Unsere Schriftanalyse befasst sich mit der »Helvetica«, einer der meist benutzten serifenlosen Schriften überhaupt. Ihren Siegeszug trat sie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an, einer Zeit, in der Endstrichlose vermehrt in Werbungen und Publikationen verwendet wurden. Dank exzellenter Vermarktungsstrategien der D. Stempel AG in Frankfurt wird sie zum Kassenschlager und ist bald international sowohl in Hand-, Foto- und Digitalsatz erhältlich. Entworfen wurde die Schrift von Max Miedinger im Auftrag Eduard Hoffmanns, für die »Haas’sche Schriftgießerei« in Münchenstein.

Die Recherche über die Entwicklung der Schrift war einerseits überschaubar, andererseits vielfältig. Einfach gestaltete sie sich im Hinblick auf den zu behandelnden  Zeitraum, der im Vergleich mit sehr alten Schriften wie zum Beispiel der Garamond kurz ist. Die Helvetica, die ursprünglich die »Neue Haas Grotesk« heißt, kommt 1957 auf den Markt. Trotzdem gibt es in der Geschichte der Helvetica inhaltlich sehr viele interessante Ereignisse, so etwa die vielfachen Überarbeitungen und Neu-Entwürfe, den Rechtsstreit um den Vertrieb des Fotosatzes und das Aufkommen unzähliger Plagiate.

Wir haben, um tiefer in die Materie einzudringen, sämtliche Bücher in der Staatsbibliothek München gewälzt, leider mit sehr wenig brauchbaren Ergebnissen. Als recht informativ haben wir hingegen das Buch »Helvetica forever« empfunden, das uns eine grosse Stütze und verlässlicher Begleiter bei unserer Arbeit war. Hochinteressant war auch der Besuch der »Basler Papiermühle«: Dies ist ein von Eduard Hoffmann gegründetes Museum, das die Geschichte des Buches und der Schrift aufzeichnet und festhält. Dort gibt es zahlreiche Ausführungen der »Neuen Haas Grotesk« in allen verschiedenen Schnitten und Größen im Bleisatz, und wir durften nahezu ungestört alles durchstöbern. Äußerst aufschlussreich war auch unsere Gespräche mit dem Grafiker Herrn Mengelt, der mit seinen Teamkollegen vom Grafikbüro  »Team77« die »Neue Haas Unica« eine Überarbeitung der »Neuen Haas Grotesk« geschaffen hat.

Bei der Aufbereitung der Geschichte haben wir uns für ein modernes Layout entschieden, ein nahezu quadratisches Format mit soft cover gewählt und hauptsächlich mit der Farbe Blau gearbeitet. Wir beschreiben sowohl die Entwicklung von der »Neuen Haas Grotesk« zur »Helvetica«, als auch die Geschichte der Serifenlosen Schriften an sich, behandeln interessante Persönlichkeiten, vor allem auch Beispiele zu älteren und modernen Anwendungen. Auch ein Schriftvergleich mit den Inspirationen für die »Neue Haas Grotesk« und späteren Kopien und Überarbeitungen ist enthalten. Nach wochenlangen Analysen, Recherchen, Entwürfen und Korrekturen bleibt die Helvetica für uns immer noch eine wunderbare Schrift, die wir — trotzdem wir sie nun kritischer betrachten als zuvor — immer noch sehr häufig anwenden.

Stehsatz als Magazin

Endlich ist es soweit! Zusätzlich zum Stehsatzblog erscheint nun neu und erstmalig Stehsatz auch als Magazin.

Das Stehsatzmagazin versteht sich als Magazin für junges Grafikdesign und so gilt es in dieser über 90-seitigen Ausgabe viel Neues an Inspiration und Interessantes aus dem vielseitigen Feld der Gestaltung, Kunst und Kultur zu entdecken.

So hatten wir in der Rubrik »Über den Tellerrand« die Chance mit so inspirierenden Gestaltern wie Fanette Mellier oder Sandra Opiela zu sprechen und werfen einen Blick in die wahre Schatztruhe für Bleisatzbegeisterte – die Handsatzwerkstatt Fliegenkopf, wo der Bleisatz immer noch und wieder seine überraschend lebendige Seite zeigt.

Außerdem berichten Studenten von ihren Erfahrungen aus dem Praktikum in Israel und der Zeit nach dem Studium im In- und Ausland. Das Ganze wird vervollständigt durch den »Showroom«, in dem als eine Art best-of-Stehsatz eine Auswahl an Arbeiten aus den verschiedenen Semestern Gelegenheit für neue Ideen und Anregungen schaffen soll.

Das Magazin soll nun einmal im Semester erscheinen. Viel Spaß damit!

Fotos: Philipp Elsner

Bleisatz II – Abecedarium-Leporello

Bodoni-Antiqua in 16 p Schriftgröße mit einem Zeilendurchschuss von 6 p bilden die typografische Grundlage des seit einiger Zeit in der Buchdruckwerkstatt der MD.H München entstehenden Leporellos: »Arabesken um das ABC« von Anton Schnack.

Das Leporello zeichnet sich durch klassischen Handsatz, ebenso wie durch handgezeichnete, neuentwickelte, aber auch nachempfundene Initialen – etwa von der Bremer Presse oder Peter Behrens – aus. Schriftsetzermeister Klaus Hanitzsch betreut das umfangreiche Projekt im Handsatz. Schriftlithograph Peter Gericke (Bleisatz III – Initialen) zeichnet für die kunstvollen Initialen verantwortlich.

Als aufgeweckt, geduldig, immer frohgemut, kommunikativ, gesellig, herzlich, zuvorkommend und stets hilfsbereit wird der Kursleiter Klaus Hanitzsch hierbei von den teilnehmenden Studierenden beschrieben. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass er seit Projektbeginn einige Unwägbarkeiten spielend beseitigt hat. Anders als die Fertigung eines einzelnen Plakates oder simpler Akzidenzen stellt die Realisation eines Buchleporellos mit 64 Seiten in einer Auflage von 50 Stück komplizierte Anforderungen an das im Semesterturnus wechselnde (und freiwillige) Workshopteam: Stände sind exakt zu beachten, die Satzbreite mit 27 cic einzuhalten, die ersten drei Zeilen müssen eingezogen, die Laufweite des Papiers beachtet werden und vieles mehr.

Dabei will Herr Hanitzsch den Studenten in erster Linie »Kenntnisse über die alte Handwerkstechnik des Bleisatzes und des Buchdrucks, d.h. Handgriffe für den Umgang mit der gegossenen Letter und der Verwendung von Farbe und Papier vermitteln. Diese «ziel[t]en darauf ab und seien zugleich Anreiz, am Ende etwas Schönes in den Händen zu halten (haptisch) und es anschauen und präsentieren zu können (optisch) – also etwas, was die Studenten mit eigenen Händen in der Werkstatt selbst gesetzt und gedruckt haben, mit dem Sie sich auch identifizieren können.«

Im Kurs Bleisatz II setzt jeder Teilnehmende eine Seite, sowie ein individuell gestaltetes Lesezeichen, sodaß jeder Student und jede Studentin nach dem recht strengen Buchsatz hier auch die Möglichkeit hat, dem eigenen kreativen Schöpferdrang nachzugeben.

Wenn auch bis zur Fertigstellung des Abecedarium noch ein weiter Weg zurückzulegen ist, bleibt nur festzustellen, dass Herr Hanitzsch sein engagiertes Vorhaben mit den vorliegenden Seiten, sowie den parallel dazu entstehenden Lesezeichen, mehr als erreicht hat.

Fotos: Anni Ott, Lars Reiners, Sybille Schmitz

Die Vollendung der Klassizistischen Schrift
Typografie 2. Semester: Cornelia Engel, Katharina Krepil, Anna Schemmel

Die Didot, die »Vollendung der Klassizistischen Schrift« ist der Titel unserer Schriftanalyse im Fach Typografie. Darin verdeutlichen wir das Zusammenspiel innerhalb der Dynastie Didot, portraitieren den Werdegang wichtiger Familienmitglieder, ihren Beitrag zur Schrift Didot und ihren immensen Einfluss auf die klassizistische Schrift selbst. Spricht man nämlich von der Schrift Didot, spricht man dabei nicht von einem einzelnen Typografen, sondern von einer Pariser Druckerfamilie, die auf die Entwicklung der klassizistischen Antiqua großen Einfluss nahm. Einige Familienmitglieder vereinten ihre Schaffenskraft zu einem gemeinsamen, epochalem Werk. So entstand neben der Schrift die Vereinheitlichung des typografischen Punktesystems, und darüber hinaus auch Erfindungen die zur Arbeitserleichterung in den Druckereien führte.

Wir gewähren einen sorgfältigen Einblick in die Entwicklungsgeschichte von Anbeginn bis zur Digitalisierung, der bewusst macht wie umfangreich und zeitaufwendig die Vollendung dieser eleganten Schriftart, die durch ihren Fett-Fein-Kontrast besticht, war und wie sie sich im historischem Kontext entwickelt hat. So führt die Reise in diesem Kapitel über die Lettern der »Romain du roi« von Philippe Grandjean über die Buchstaben von John Baskerville bis hin zu der Vollendung der klassizistischen Schrift, eben der Didot.

Auch wird in diesem Kapitel die besondere Herausforderung in der Digitalisierung, welcher sich der Typograf Adrian Frutiger annahm, beschrieben. Durch verschiedene Beispiele aus dem Bleisatz werden in unserem Buch die Abweichungen zum Originalschnitt der Didot dargelegt und klar aufgeführt.

In der Analyse der Didot, dem Herzstück des Buches, werden die Anomalien der Schrift verdeutlicht. Erst hier wird klar wie minimal die Unterschiede der einzelnen Buchstaben untereinander sind. Mit bloßem Auge sind diese nicht unmittelbar erkennbar, sondern werden erst bei starker Vergrößerung sichtbar. Der Vergleich der Didot mit der Bauer Bodoni verdeutlicht nochmals, wie einzigartig, präzise, elegant und kontrastreich diese Schriftart ist. Die Besonderheit an unserem Buch ist, dass wir bei unserer Recherche und Analyse auf einen Originaldruck von 1801 aus dem Haus Pierre Didot zurückgreifen konnten. Es handelt sich dabei um »Voltaire«, mit der vollendeten Schrift von Firmin Didot. In unserem Buch ist dieses fotografisch abgebildet und zu bewundern.

Fotos: Sybille Schmitz

unverstanden
Bachelorarbeit: Larissa Gorzawski
Philipp Luidl († August 2015)
unverstanden

die neugier des fensters

wächst mit der dunkelheit
lösch ich das licht

wendet das fenster
sich an den himmel

dort redet der stern
die sprache der schöpfung

und nacht für nacht
wiederholt das glas
die unverstandenen worte

Was kann man finden – nur in diesen paar Zeilen Text? Schon auf den ersten Blick werden aus dem Gedicht des Typografen Philipp Luidls intensive Emotionen ersichtlich – aber was, wenn man noch tiefer geht?

Mit Feder und Tinte spüre ich in meiner Bachelorarbeit allem nach, was in diesen elf Zeilen Text verborgen ist. Ich verzeichne die Rhythmik und die Balance ebenso wie die Emotionen, bis eine dichte, umfassende Karte entsteht.

Autor: Larissa Gorzawski, Fotos: Lars Reiners

Kulturdesign – Intervention Gärtnerplatz
Bachelorarbeit: Mia Stevanovic

Dieses experimentelle Konzept für Kulturdesign strebt eine weniger kommerzielle Grundlage an, wobei das Gärtnerplatztheater in München als Anwendungsbeispiel dient.

Plakatreihe sowie Logo sind wandelbar und orientieren sich optisch am ebenfalls neu angedachten Gebäude, welches am Gärtnerplatz, für experimentelles Theater sowie Open Stage zur Verfügung stehen soll. Dieses besteht aus hydraulisch bewegbaren Ringen, welche die stetige Veränderung des Erscheinungsbildes ermöglichen. Zwischen den Ringen sind Mediameshes gespannt, auf welchen Kulissen abgespielt oder gerade stattfindende Aufführungen öffentlich übertragen werden können. Zudem wurde ein Konzept angedacht bei welchem Aufführungen immer online übertragen werden sowie einige interaktiv aus dem Netz beeinflusst werden können. Dies wurde anhand einem kurzen selbstgeschriebenem Stück bei einer Vernissage demonstriert.

Veronika Disl, Natalie Kennepohl, Kevin Kremer, Laura Ostermeier, Miriam Rieger, Lena Rößner, Lars Reiners, Silvan Wenig

Profectio – lat. für Aufbruch bildete das Motto des diesjährigen Diplomalmanachs, denn schließlich ist für die Bachelorabsolventen der Abschluss des Studiengangs vor allem ein Aufbruch in etwas Neues.

Der Diplomalmanach wurde dieses Jahr in Form eines Magazins realisiert. So werden auf 71 Seiten die neuen Mediadesign-Absolventen mit ihren Bachelorarbeiten festgehalten und vorgestellt, aber auch die Dozenten kommen zu Wort.

Das Thema Aufbruch findet sich hierbei passend ebenso im Fotokonzept wieder: Die Absolventen wurden in Bewegung mittels Langzeitbelichtung so aufgenommen, dass die dabei entstehenden dynamischen Bewegungsspuren quasi ihren »Aufbruch« auch für das Auge sichtbar werden lassen.

Was die Entstehung dieses Magazins betrifft geht besonderer Dank an das engagierte Team aus Studenten, die, obwohl gerade mitten im Praktikumssemester spontan einspringen konnten und noch nach getaner Agenturarbeit zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

Carolin Ganterer, Natalie Krönauer, Stefanie Kutzschbach, Julia Nitzsche
Analyse (3. Semester)
Dank einer intensiven Auseinandersetzung mit dem designaffinen Reise- und Lifestyle-Magazin Cereal haben die vier Studentinnen eine formal und inhaltlich anspruchsvolle Studie entwickelt. Im Nachspüren der eigenwilligen, minimalistischen Form- und Rauminszenierungen Ihres Objektes entstand auch eine optisch sensible, klar durchkonstruierte Analye, die die Besonderheiten des Magazins durch den Blickwinkel der Studentinnen gut nachvollziehbar macht.