Stehsatz

Depression: Editorial Design von Sakuya Miesczalok
Printprojekt (3. Semester): Sakuya Miesczalok

Depression ist medizinisch betrachtet ein sehr komplizierter Zustand, der noch nicht vollständig verstanden ist. Aus der Biologie wissen wir, dass chemische Reaktionen in unserem Körper einen großen Einfluss auf unseren seelischen Zustand haben und gewisse Ungleichgewichte zu ernsten Gefühlsschwankungen führen können. Diese beeinflussen dann unser tägliches Leben. Jeder hatte schon »depressive Phasen« und kennt den Zustand in­tensiver Traurigkeit. Allerdings leidet nicht jeder der »depressive Phasen« hatte auch an »Depression«. Hier liegt oft ein Missverständnis, das ich für ein ernstzunehmendes Problem halte. Viele glauben fälschlicherweise aus extremer Traurigkeit eine Diagnose von Depression ableiten zu können. Die Unterscheidung zwischen »traurig« und »nicht traurig« greift für eine Diagnose von Depression allerdings zu kurz.

Mein Ziel ist es mit dem hier vorgelegten Poesie­büchlein ein abstrakteres Verständnis dieser Krankheit aufzuzeigen. Dies soll helfen Menschen vom Stigma der Depression zu befreien und nicht einfach »Traurigkeit« verbildlichen. Ich habe einige medizinische Expertenmeinungen zur Krankheit und verschiedene Theorien zur möglichen Heilung herausgesucht,  vor allem um den Leser daran zu erinnern, dass Depression keine gewöhnliche Krankheit ist. Opfer erleben jeden Tag die Schwierigkeit erklären zu müssen, was mit ihnen geschieht und schaffen es nicht ihren Zustand präzise zu beschreiben. Ich will mit diesem Heft außerdem zum Verständnis beitragen, dass das Studium der gängigen Literatur zum Thema nur ein Aspekt ist um einem Betroffenen zu helfen und dass Zuhören eine ebenso wichtige Rolle spielt. Mit meiner typografischen Arbeit versuche ich, dieser Komplexität Ausdruck zu verleihen.

Fotos: Sakuya Miesczalok
Typografie (2. Semester): Thomas Fäckl
Form und Funktion – ein virtuoses Spiel in Buchform

»Typografie stellt […] vielfältige Aufgaben«* – primär geht es um Lesbarkeit, aber im Sinne künstlerischer Textgestaltung kann auch die Form im Vordergrund stehen.

In seinem experimentellen Büchlein spürt Thomas Fäckl der Beziehung zwischen Typografie, Inhalt und Satzanordnung nach. Seine Formstudie bricht dabei althergebrachte Textstrukturen auf, arrangiert die Bestandteile neu, spielt mit der Leserichtung und stellt den hehren Gesetzen Weidemanns kontrastierend deren Bruch gegenüber. Das bewußte Konterkarieren verstärkt auf vergnügliche und erstaunlich anschauliche Weise die Bedeutung der typografischen Gebote. So entstand ein spielerisches Textexperiment, das Gespür für Schrift schärfen kann. Sehenswert!

* Kurt Weidemann, Fotos: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Antonia Aschenbrenner, Thomas Fäckl
Schriftanalyse der Univers

Obwohl bereits einige Studenten sich vor uns bei der Schriftanalyse die Univers wählten, war das für uns kein Ausschlusskriterium. Uns hat die serifenlose Schrift von Adrian Frutiger in ihren Bann gezogen. Dabei überzeugte uns nicht nur das komplexe und klare Zusammenspiel der einzelnen Schnitte, sondern auch dass sie bis heute nichts an ihrer Aktualität verloren hat. Sie ist damals wie heute modern. Und revolutionär. Denn vor 60 Jahren war es nicht üblich eine derart große Schriftfamilie im Bleisatz umzusetzen, ohne vorab ein bis zwei Schnitte am Markt zu testen. Doch vielleicht war es genau das harmonische Gesamtbild der Schrift, welches die Schriftgießerei Deberny & Peignot dazu verleitete dieses gewagte Projekt zu realisieren – und uns beide zu einer weiteren Schriftanalyse der Univers animierte.

Genau so spannend wie die Univers ist auch ihr Schriftentwerfer Adrian Frutiger, weshalb wir uns dazu entschieden sein Wirken und seine Lehre in einem separaten Buch zu belichten. Uns war vor allem wichtig, dass das Buch als Ganzes wirkt und nicht zu aufgeregt, sondern klassisch, schlicht wird. Auch das Cover der beiden Bücher sollte nicht auffällig sein und vom eigentlichen Thema ablenken – der Schrift. Bei der Bindungsart bezogen wir uns auf Frutigers Herkunft und wählten die Schweizer Brochure.
Fotos: Antonia Aschenbrenner, Thomas Fäckl
Editorial Design (3. Semester): Janina Engel
DAMN. Eine Zeitschriftenanalyse.

Das Damn Magazin besticht durch sein einzigartiges Auge für zeitgenössische Kultur sowie seine offene Haltung gegenüber der abwechslungsreichen Kunst- und Designwelt. Diese Analyse konzentriert sich auf die wichtigsten redaktionellen Gestaltungsaspekte, die das DAMN Magazin zu einer inspirierenden Lektüre für jeden Designer, Künstler und Architekten machen. Das Layout, die Typografie und Fotografie ergeben ein stimmiges Gesamtbild, welches durch seine unvoreingenommene Herangehensweise soziale und politische Ereignisse mit der Welt von Kunst, Design und Architektur verbindet.

Visualisierung  (1. Semester): Christin Warncke

Als Ebbe oder ablaufendes Wasser wird das Sinken des Meeresspiegels infolge der Gezeiten (Tiden) bezeichnet. Das Gegensatz dazu ist die Flut.

Diese beiden Begriffe wollte ich typografisch umsetzen. Zentral sind natürlich die beiden recht griffigen Wörter selbst. Grundlage der Visualisierung sind 67 weiße Blätter im Formart DIN A4. Jedes dieser Blätter wurde von mir bedruckt und die Buchstaben anschließend händisch mit dem Skalpell ausgeschnitten.

Die progressive Stufung der Linien lässt den Eindruck von Bewegung entstehen. Die immer dichter werdende Reihung schwächt den linearen Charakter und ergibt eine Flächenwirkung, es wird ein fließender Übergang zur »Außenfläche« geschaffen.

Fotos: Caro Dentler
Typografie (2. Semester): Antonia Aschenbrenner

Spontanität und Zufall stehen eigentlich im Widerspruch zum Wesen der Typografie. »Typografie ist die Kunst des feinen Maßes« (Weidemann, Kurt: Zehn Gebote der Typografie), eine Dienstleistung nach gegebenen Regeln, die logische Denkprozesse anschiebt, nicht zu wenig, aber eben auch nicht zu viel. Die legendären­ »zehn Gebote Kurt Weidemanns« postulieren in der Essenz ebendies, also keine Mätzchen zelebrieren, das Rad nicht neu erfinden und bitte bitte immer lesbar bleiben.

Gerade deshalb scheinen diese Sätze des Typografen Kurt Weidemann geradezu prädestiniert zu sein, Variationsreihen zu erproben, den linearen Lesevorgang in Frage zu stellen, Texte und Inhalte abzuwandeln, den Inhalt korrekt aber eben auch ins gerade Gegenteil verkehrt zu inszenieren. Selbstverständlich nur mit rein typografischen Mitteln.

Antonia Aschenbrenner hat sich in ihren Studien dem 5. und 7. Gebot Kurt Weidemanns gewidmet. Sie hat hierbei typografisch informiert, jongliert, dekonstruiert, orchestriert, arrangiert und komponiert. Entstanden ist dabei eine Reihe sachlich-logischer, aber auch ästhetisch-emotionaler Einzelblätter. Höchst vergnüglich.

Fotos: Sybille Schmitz
Editorial Design (3. Semester): Katharina Krojer

Schrift zu lesen, also Buchstaben zu entziffern, gehört zu den allerersten Fähigkeiten, die wir in der Schule lernen. Diese Fähigkeit wird uns schnell derart selbstverständlich, dass wir schon bei geringem Wiedererkennungswert nach den uns bekannten Formen suchen und sie sogar finden, obwohl sie eventuell gar nicht vollständig sichtbar sind.

Grundgedanke des hier vorgestellten Projektes war es zu verdeutlichen, welchen Einfluss Schrift auf uns hat, wieviel Aufmerksamkeit wir ihr selbst in beiläufigen Situationen widmen (können) und wie meisterhaft wir die Kunst des Lesens, eine wohlgemerkt gänzlich kulturelle Errungenschaft ohne natürliche Grundlage, beherrschen. Der Text für dieses Projekt stammt aus der »Unendlichen Geschichte« von Michael Ende.

Experimentiert wurde mit einfachen Überlappungen und Überlagerungen. Die einzelnen Karten, am Ende zu einem Leporello zusammengefaßt, setzen diesen Gedanken auf unterschiedlichste Weise um. Eine Karte etwa enthält zwei Teile des zerschnittenen Textes, erst wenn beide Teile übereinandergelegt werden, fügen sich die Buchstaben wieder zusammen. Andere Karten arbeiten mit Verdichtung, Formgebung oder stellen die Buchstaben durch ihre gepunkteten Konturen dar.

Fotos: Katharina Krojer
Bachelorarbeit: Katharina Krepil
Die japanische Аsthetik. Ein Kontrast zwischen Minimalismus und Kawaii-Kultur.

Japan ist ein Land mit vielen Facetten und Gegensätzen. Am wohl auffälligsten ist der Kontrast zwischen Tradition und Popkultur. Minimalistische Gestaltung steht einer bunten Reizüberflutung gegenüber. Besonders der kindliche Kawaii-Stil (zu Deutsch niedlich, süß) mit seinen rundlichen Formen und übertriebenen Proportionen ist typisch für die Ästhetik des Landes. Diese zwei Stile sind Thema der Arbeit.

Um gerade aus westlicher Sicht ein Gespür für die beiden Prinzipien zu bekommen, wird der Kontrast mithilfe eines illustrierten Memory-Kartenspiels verdeutlicht. Der Betrachter kann sich spielerisch mit dem Thema auseinandersetzen, indem er nicht zwei identische Karten, sondern ein Paar bestehend aus einem Motiv in den zwei unterschiedlichen Stilen sucht.

Das minimalistische Zeichensystem beruht zum einen auf dem Wabi-Sabi-Prinzip, welches besagt, dass Dinge erst dann schön sind, wenn sie bereits einen Alterungsprozess und eine gewisse Abnutzung erfahren haben. Zum anderen basiert es auf dem japanischen Farbholzschnitt. Der gewählte Kawaii-Stil setzt sich hingegen aus kräftigen bunten Farben, dicken und kindlich wirkenden Konturlinien und einer runden Formsprache zusammen.

Editorial Design (3. Semester): Janina Engel

Der Reigen von Arthur Schnitzler ist ein gesellschaftskritisches Schauspiel mit Bezug zu Wien um 1900. Es beschäftigt sich auf spielerische Art mit der Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern und der Darstellung des Frauenbildes, welche sich durchaus auch noch auf die heutige Zeit übertragen lässt. In 10 Szenen erläutert Schnitzler die Frauenbilder, Emanzipation, Misogynie sowie die Unterschiede und Ähnlichkeiten der Gesellschaftsklassen. Es begegnen sich unterschiedliche Charaktere, vollziehen den Geschlechtsakt, trennen sich und treffen in der weiteren Szene auf einen neuen Partner/eine neue Partnerin. Der Reigen ist ein nie endender Kreis. Das Theaterstück war 1903 ein gewaltiger Skandal und konnte erst 1920 in Berlin wiederaufgeführt werden.

Mit der gezielten Wahl nur die aussagekräftigen Teile des Dialoges vor und nach dem Geschlechtsakt werden die Gemeinsamkeiten jeder Szene deutlich. Die Gesellschaftsklassen verschwinden und nur der Mensch bleibt. Nicht nur die Personen verbinden die Szenen, auch das Verhalten zwischen Mann und Frau ändert sich nur selten. Die anfängliche Abneigung der Frau wechselt zur Anhänglichkeit und die Erregung des Mannes zu kalter Ablehnung.

Editorial Design (3. Semester): Dorothée Martin, Elisabeth Koster

Ab wann kann ein Wort, welches mittels unterschiedlicher Systeme verfremdet wurde, gelesen werden? Um dieser Frage nachzugehen wurden sechs Wörter auf unterschiedliche Weise unkenntlich gemacht. Es wurden einzelne Buchstabenteile bis hin zu ganzen Buchstaben ausgelassen, sie wurden in Teilkörper zerlegt, neu zusammengesetzt, zusammengeschoben, entzerrt und leicht versetzt. Innerhalb dieser Systeme gibt es sechs Stufen der Verfremdung, um den Punkt der Lesbarkeit ausfindig zu machen.

Beschäftigt haben wir uns dazu mit der Wahrnehmung im allgemeinen Sinne, mit der Wahrnehmung im psychologischen Sinne, den Gestaltgesetzen, insbesondere mit dem Gesetz der Erfahrung, der Objektwahrnehmung mittels Zerlegung in elementare Teilkörper von Irving Biederman, der Schriftform und der Lesbarkeit sowie den morphologischen Tafeln von Adrian Frutiger.

Zusätzlich wurde ein Objekt gefertigt, um das man im Raum herumschreiten kann und den im Heft angewandten Systemen folgt. Das Wort ist erst dann zu erkennen, wenn das Objekt aus dem richtigen Winkel betrachtet wird –wird es das nicht, sind lediglich einzelne Buchstabenteile zu erkennen, die sich beim weiteren Bewegen um das Objekt herum zu einem Wort zusammenfügen.