Stehsatz

Editorial Design (3. Semester)
»Flucht – Ein Buch über Fluchtmittel, Orientierung, Tarnung, Verstecke, Lücken im System und Ziele«
Corina Garmaier, Corinna Rusker, Lisa Maria Tiefenthaler

Fluchtbewegungen sind mit besonderen Überlegungen hinsichtlich Transportmittel, Wege, Orientierung, Tarnung, Ziele u.a, verbunden. Dies in einer kraftvollen grafischen Sprache spannungsreich zu visualisieren ist den drei Studentinnen mit diesem Buch gelungen. Dieses Fluchtbuch wird zusammen mit vielen anderen Arbeiten der Klasse MD1012 in der Ausstellung »Zeitzeichen zwischen Stillstand und Bewegung« im Kulturcentrum Puchheim (www.puc-puchheim.de) vom 16. Mai bis 1. Oktober 2014 zu sehen sein. Diese Ausstellung setzt sich anlässlich des 100. Jahrestages des Kriegsbeginns 1914 mit einem für die Zeit bezeichnenden Gegensatz auseinander: Das vor 1914 berühmte Puchheimer Flugfeld wurde nach Kriegsbeginn in ein Gefangenenlager umgewandelt. Dieser Kontrast – die Entwicklung einer neuen Freiheit durch die schnelle, erhabene Bewegung in der Luft und die demoralisierende Erfahrung der Gefangenschaft – war Teil der Aufgabenstellung dieses Studienprojektes.

Objektlösung – Hybrid der Gegensätze
Stefan Stork

Idee und Aufgabe bestand darin den Unterschied zwischen Statik und Dynamik zu verdeutlichen. Dem Objekt geht eine statische Grundform – ein Kubus – voran. Dicke und robuste Erdkabel bilden Rundungen im Objekt aus. Eigenwillige Bögen, kräftige Linien wuchern aus dem statischen Würfel und lassen ihn zu einem dynamisierten Körper werden. Das Objekt wirkt als eigenständige Installation – als Hybrid aus gegensätzlichen Begriffspaaren sowie Materialien.

Das Vermächtnis von Lina Haag – Ein dialektisches Ausstellungskonzept

2013, achtzig Jahre nach dem Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, schwinden die Zeitzeugen dahin. Mit ihrem Schwinden, hat sich die Erinnerungskultur der Deutschen stark gewandelt. Die Stimmen der Opfer des Regimes werden immer leiser. In naher Zukunft werden die jungen Generationen auf die Dokumente und archivierten Zeitzeugnisse angewiesen sein, weshalb es umso bedeutender ist, die existierenden überlieferten, persönlichen Gespräche und Erzählungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Auseinandersetzung mit der schweren Thematik für künftige Generationen möglichst verständlich aufzubereiten. Mit dem Ausstellungskonzept möchte ich die beispiellose Lebensgeschichte einer kommunistischen Widerstandskämpferin greifbar machen, die sich bis zum letzten Atemzug dem Pazifismus, dem Antifaschismus, dem Kampf um Gerechtigkeit verschrieben hat. Es ist die Geschichte meiner Uroma Lina Haag, die 2012 im Alter von 105 Jahren verstorben ist. Nach ihrem elfjährigen Kampf um Freiheit und das Leben ihres Mannes, schrieb sie ihm einen Brief, in dem sie alle Erlebnisse der vergangenen, qualvollen Jahre dokumentierte. Dieser Brief wurde 1947 als einer der ersten Zeitzeugenberichte als Buch, unter dem Titel »Eine Handvoll Staub«, veröffentlicht. Seither wurde es hunderttausendfach gedruckt und ihr Leben zahlreich porträtiert, doch steht dabei meist ihr politisches Wirken und ihr Mut im Fokus. Das Ausstellungskonzept umfasst ihre über hundertjährige Lebensgeschichte als Ganzes. Ihr Leidensweg als politische Kämpferin und ihr lebenslanges Engagement für Gerechtigkeit stehen dabei ebenso im Fokus wie ihr Leben als liebende Ehefrau, Mutter, Großmutter und Urgroßmutter. Anders als bei vielen Werken die sich mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte beschäftigen, soll ihr gesamter Lebensweg im Kontext wahrgenommen werden und dem Betrachter auf eine bewusst distanzierte Art angeboten werden, tiefer einzutauchen, nachzufühlen und zu verstehen.

Von Statik zu Dynamik
Visualisierung 1. Semester: Veronika Disl

Ziel dieser Arbeit ist es in zehn Schritten ausgehend von einem statischen, homogenen Quadrat zu einer dynamischen und freien Form zu gelangen. Hierzu wird ein Quadrat aus eng zusammenliegenden Spaghetti gebildet, welches dann durch stückweises Herausziehen und Verdrehen mehr und mehr zergliedert wird. Dabei werden zunächst Punkt- und letztendlich Linienstrukturen sichtbar, die in ihrer unregelmäßigen Anordnung sowohl Spannung, als auch den Eindruck von Bewegung und Räumlichkeit erzeugen und damit den dynamischen Charakter der Endform betonen.

Schriftanalyse der Guardian
Paul Kistner, Tatjana Medvedev, Phanpadit Pangnanouvong, Silvan Wenig

Die britische Zeitung »The Guardian« durchlief in ihrer fast 200-jährigen Geschichte viele verschiedene Designs, bis hin zum aktuellsten Redesign aus dem Jahre 2005. Im Zuge dieser Neuauflage wurde zusammen mit vielen anderen Veränderungen, wie etwa dem Wechsel auf das Berliner Format, ein neuer Schriftsatz für die Zeitung entworfen.

Die Schriftentwerfer Paul Barnes und Christian Schwartz befassten sich über mehrere Jahre hinweg mit Versuchen und verschiedensten Stilrichtungen einer passenden Schrift, um das optimale Ergebnis zu erzielen. So entstand ein Schriftsatz, der neben der namensgebenden Egyptienne auch Serifenlose in den verschiedensten Schnitten enthält, um jeder Anforderung gerecht zu werden.

In unserer Schriftanalyse behandeln wir neben der Geschichte der Zeitung auch die Geschichte der Egyptienne-Schriften im allgemeinen und natürlich die unserer Schrift. Hinzu kommen Untersuchungen der einzelnen Buchstaben bis hin zu Vergleichen mit den Schriften Clarendon und der Neuen Helvetica, aus welcher ein Teil des Schriftsatzes der Guardian entwickelt wurde.

Um diese Analyse in einen passenden Rahmen zu bringen, haben wir uns als Format auf die tatsächliche Größe des Guardian, das Berliner Format, festgelegt. Zusammen mit einem ungebleichten Papier in einer Stärke von nur rund 90 g/mentsteht so der zusätzliche haptische Eindruck, man würde eine Zeitung lesen. Zusammen mit einem experimentellen Layout entstand so eine Arbeit, die uns einerseits aufgrund der besonderen Geschichte des Guardian, andererseits aufgrund des weiteren Inhalts und Erscheinungsbildes ein wenig mit Stolz erfüllt.


Weihnachtsdekoration
Alle Jahre wieder…

Auch dieses Jahr war es wieder so weit, eine Weihnachtsdekoration für den Eingangsbereich zu gestalten. Die Dekoration sollte diesmal nicht nur ästhetischen Ansprüchen genügen, sondern gleichzeitig auch als informierendes Element dienen. Auf den Tischen wurden Folien mit Text angebracht, der die schönen, aber auch kritischen Seiten der Weihnachtszeit aufzeigt. So verbringt ein Großteil der Menschen die Weihnachtszeit vor dem Fernseher.

Hauptelement der Weihnachtsdekoration ist eine Installation im Eingangsbereich. Von den Kabelkanälen an der Decke wurden bis zum Boden in mehreren Reihen ungefähr 850 Zeichen aufgehängt. Diese ergeben Wörter, die man mit Weihnachten verbindet. Positive wie negative Aspekte der Weihnachtszeit wurden bewusst gegenüber gesetzt, wie z.B. Zeit mit der Familie und Mord. Als Schrift wurde die Stempel Garamond gewählt. Die Weihnachtssterne setzen sich aus den Guillemets der Schrift zusammen, wodurch diese gut mit den Buchstaben harmonieren. Die einzelnen Zeichen wurden aus Finnpappe gelasert und in liebevoller Handarbeit aufgehängt. Noch einmal vielen Dank an alle Helfer!

Die Typoinstallation und die Weihnachtskarte bilden eine Symbiose. So wurde der Weihnachtsvorhang noch einmal klein auf der Vorderseite der Karte abgebildet. Die Gestaltung ist klar, das Papier der Karte sorgt für die weihnachtliche Stimmung.

Helfer: Miriam Rieger, Kevin Kremer, Lynn Mayer, Rita Schimanowski, Laura Ostermaier, Natalie Kennepohl, Lea Roth, Dudu, Lena Rößner, Veronika Disl, Maria Theresa Steiner, Florian Schmidt …

 

Theresa Schauer
Experimentelle Textarbeit: 3. Semester

Die erste Fassung des Merzgedichtes »An Anna Blume« wurde 1919 veröffentlicht und stammt aus der künstlerisch-literarischen Bewegung des Dadaismus.

In dieser Interpretation sind jeweils nur einzelne Wörter auf einer Seite hervorgehoben, was Bezug auf die Wortkunst-Collage Schwitters nimmt. Die starke Trennung der einzelnen Wörter veranlasst den Rezipient selbst nachzudenken, so dass er aufgefordert wird das Gedicht aktiv wahrzunehmen. Um dem Gedicht mehr Standfestigkeit zu verleihen ist es ausschließlich zentriert gesetzt. Der Betrachter hat durch die Statik das Gefühl in das Buch hinein gezogen zu werden. Im Gegensatz dazu sind jedoch auch andersartig gestaltete Seiten eingebaut, welche dem Buch eine dynamische Wirkung verleihen.

 Ein Buch im Buch
 Natalie Kennepohl, Laura Ostermeier, Hanna Rasper, Sonja Schröder

»Die Landeshauptstadt München hat ihren einstigen Oberstudiendirektor vergessen, seine damalige Schule kennt ihn nicht mehr. So wollen wir mit dieser Jahresausgabe ihn noch einmal würdigen und der Vergessenheit entreißen, die er nicht verdient hat.« Philipp Luidl

Nun, weitere 16 Jahre später, wollen auch wir mit unserer Arbeit noch einmal Georg Trump die ihm zustehende Aufmerksamkeit schenken. Durch die intensive Auseinandersetzung mit ihm und seinem Schaffen im Zuge dieser Schriftanalyse, haben wir ihn hoch schätzen gelernt. Bei unserer Recherche konnten wir auf erschreckend wenig Material zurückgreifen. Als literarische Quellen dienen uns vor allem das Gedenkbuch an Trumps Schaffen »Vita Activa« der Typografischen Gesellschaft München, aus dem Jahr 1967 und die dazugehörige Neuauflage aus dem Jahr 1997 des Grafischen Betriebs München.

Unsere Schriftanalyse besteht aus zwei Teilen.

Der Hauptteil, die eigentliche Analyse behandelt Klassifikation, Einzelzeichen, Raum und Gegenraum, Rhythmik, Kerning und Anwendungen, sowie einen Teil, der sich mit dem Vergleich von Digitaldruck und Bleisatz beschäftigt. Der mittlere Teil, das Buch im Buch, stellt den Schriftentwerfer Georg Trump vor. Uns war die Auseinandersetzung mit der Person Trumps besonders wichtig, deshalb haben wir ihm einen eigenen Teil innerhalb unserer Analyse gewidmet. Dieser beinhaltet die Kapitel Leben, Charakter und Schaffen. Gestalterisch sollte das Buch ebenfalls einem Georg Trump angemessen sein. Da er ein klassischer Schriftschneider und Typograf war und auch die Trump Mediäval diese Züge besitzt, zeigt sich auch unser Buch in einem klassischen Format. Allerdings wäre Trump und seine Schrift nichts Besonderes, wenn sie nicht doch etwas aus ihrer klassischen Form ausbrechen würde. So soll auch unsere Analyse durch ein harmonisches Zusammenspiel zwischen schwarz, weiß, gelb, Folie, unterschiedlichen Papierfarben und natürlich dem Buch im Buch etwas Besonderes und eigenwilliges sein.

Nicht zuletzt ganz im Sinne von Georg Trump.

Das Fernsehen der Zukunft

Das Fernsehen des 21. Jahrhunderts steht, durch veränderte Gesellschafts- und Nutzerstrukturen, neuen Herausforderungen gegenüber und befindet sich in einer Phase des Experiments. Sendeunternehmen versuchen mit zusätzlichen Angeboten im Internet auf den Wandel der Zeit zu reagieren und Monopolstellungen aufzubauen. Der Zuschauer ist dadurch mit austauschbaren Sendeformaten sowie Inhalten konfrontiert und steht einer Vielfalt gegenüber, die ihm die Programmauswahl und damit seinen individuellen Fernsehkonsum erschweren. Die Kunst, sich dem stetigen Flow anzupassen, alte Denkmuster gegenüber neuen Strukturen zu öffnen und sich mittels Eigeninitiative der elektronischen Informationsflut zu entziehen, gelingt manchem nur schwerlich.

Ein Modellplan für zukünftiges Fernsehen in Deutschland soll dem Zuschauer die Möglichkeit bieten, Fernsehen wieder bewusster und zielgerichteter zu konsumieren. Mittels personalisierter Inhalte tritt der individuelle Konsum wieder in den Vordergrund und der Zuschauer kann die vorhandene Angebotsvielfalt bewältigen. Sendeinhalte werden vereint und zentral gebündelt auf einer online-basierten TV-Plattform zur Verfügung gestellt.

Das Buch der Bücher im 21. Jahrhundert – Ein Experiment zur Gestalt der Bibel

Ziel der Arbeit war es, eine Gestaltenversion der Bibel zu entwickeln, welche den Menschen durch eine neue optische und semantische Darbietungsweise einen neuen Zugang zu diesem wohl bedeutendsten Werk der Menschheitsgeschichte eröffnet.

Deuteronomium 4,44–11,32

Ausgewählt wurde aufgrund seiner zeit- und gesellschaftsunabhängigen Bedeutsamkeit der Sinnabschnitt der Überlieferung der Zehn Gebote: Deuteronomium 4,44–11,32. Unabhängig davon, ob ein Mensch gläubig ist, oder nicht, lässt sich eines nicht von der Hand weisen: Die Zehn Gebote repräsentieren einen Sittenkodex, welcher als Grundlage für friedliches Zusammenleben aufgefasst werden kann. Auch in der modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts sind die im Dekalog verwurzelten Verhaltensprinzipien noch gültig. Diese Feststellung ist für das Erreichen des Ziels, den Menschen einen neuen Zugang zur Bibel zu ermöglichen, essentiell.

Hektik und Schnelllebigkeit prägen die Lesekultur

Im digitalen Informationszeitalter ist die Lesekultur zunehmend von Hektik und Schnelllebigkeit geprägt. Im Zentrum steht daher die Idee, den Leser mit Hilfe einer systematischen Textkodierung zur Entschleunigung zu zwingen. Die Verschlüsselung erfordert beim Leser die Bereitschaft, sich vollkommen auf den Text einzulassen und sich konzentriert und in Ruhe mit ihm zu befassen, um so einen neuen, individuellen Zugang zu ihm zu erlangen.

Kodierung, Dekodierung und Begreifen

Die mühsame Entschlüsselung steht symbolisch für das Begreifen der Bibel in ihrer Gesamtheit. Strebt man ein solches Verständnis der Bibel an, welches bislang sicherlich nur äußerst wenige Menschen tatsächlich erreicht haben, darf man keine Mühe scheuen.

Die Frage nach der Art des Verschlüsselungssystems wurde mithilfe einer typografischen Herangehensweise beantwortet. In Anbetracht der Fülle an möglichen Verschlüsselungssystemen wurde die Bezugnahme auf die sumerische Keilschrift der alten Babylonier und Assyrer zur Grundlage für die Wahl eines Systems, welches die Schrift an sich ins Zentrum ihrer Logik rückt.

Durch die systematische Weiterentwicklung der Abstraktion bis zur völligen Auflösung bekannter typografischer Formen wurde eine französische Renaissance-Antiqua, angelehnt an die Hollander, entworfen von Gerard Unger, aller Stämme, Bögen, Schultern, Hälse, Schlingen, Stege, Balken, Schleifen, Grund- und Haarstriche beraubt, bis letztlich lediglich ihre Serifen und einige andere, zur Unterscheidung der Buchstaben notwendige, charakteristische Einzelteile übrig blieben. Von der Verschlüsselung ausgenommen blieben die Satzzeichen. Die daraus resultierende Typo-Matrix erweckt auf den ersten Blick den Anschein fremdartiger Blindenschriften oder erinnert gar an Schriftsysteme anderer Kulturräume. Erst bei näherer Betrachtung wird klar, dass es sich um die Überreste einer westlichen Schrift handelt.