Stehsatz

Editorial Design (3. Semester): Dorothée Martin, Elisabeth Koster

Ab wann kann ein Wort, welches mittels unterschiedlicher Systeme verfremdet wurde, gelesen werden? Um dieser Frage nachzugehen wurden sechs Wörter auf unterschiedliche Weise unkenntlich gemacht. Es wurden einzelne Buchstabenteile bis hin zu ganzen Buchstaben ausgelassen, sie wurden in Teilkörper zerlegt, neu zusammengesetzt, zusammengeschoben, entzerrt und leicht versetzt. Innerhalb dieser Systeme gibt es sechs Stufen der Verfremdung, um den Punkt der Lesbarkeit ausfindig zu machen.

Beschäftigt haben wir uns dazu mit der Wahrnehmung im allgemeinen Sinne, mit der Wahrnehmung im psychologischen Sinne, den Gestaltgesetzen, insbesondere mit dem Gesetz der Erfahrung, der Objektwahrnehmung mittels Zerlegung in elementare Teilkörper von Irving Biederman, der Schriftform und der Lesbarkeit sowie den morphologischen Tafeln von Adrian Frutiger.

Zusätzlich wurde ein Objekt gefertigt, um das man im Raum herumschreiten kann und den im Heft angewandten Systemen folgt. Das Wort ist erst dann zu erkennen, wenn das Objekt aus dem richtigen Winkel betrachtet wird –wird es das nicht, sind lediglich einzelne Buchstabenteile zu erkennen, die sich beim weiteren Bewegen um das Objekt herum zu einem Wort zusammenfügen.

Bachelorarbeit: Lilian Karr
Keine falsche Scham

Den weiblichen Körper als geheimnisvolles Sujet zu bezeichnen mag im ersten Moment erstaunlich wirken, bei näherer Betrachtung spricht jedoch viel dafür, dass trotz weitverbreiteter visueller Präsenz des beinahe unbekleideten Frauenkörpers genaues Wissen über maßgebliche Details rar ist. Auch heute fehlen einigen jungen und auch nicht ganz so jungen Frauen Akzeptanz und genaue Kenntnis jener signifikanten Teile des eigenen Körpers, die biologisch als primäre Geschlechtsmerkmale bezeichnet werden. Die Werte, die von der eigenen Familie, von der Schule und selbst von Freundinnen vermittelt werden, spielen in dieser Beziehung zum eigenen Körper eine wesentliche Rolle. Immer noch herrscht hier oft im wahrsten Sinn des Wortes oberflächliches Halbwissen.

Um dem weiblichen Geschlecht die positive visuelle Umschreibung zu geben, die es verdient, um Frauen einen angenehmen Zugang zu eben diesem zu ermöglichen, und um über die wichtigsten Funktionen aufzuklären ist diese Arbeit entstanden.

Es gibt umfangreiches Material zum Thema des weiblichen Körpers, das allerdings oft als ungeeignet für einen entspannten Umgang scheint. Entweder schrecken medizinisch – anatomische Abbildungen die Zuseherin von vornherein ab, oder die Darstellungen erinnern an pornografisches Material. Meine Arbeit hingegen geht künstlerisch gestaltend an diese Aufgabe heran und versucht durch konkrete Details und gleichzeitige Symbolhaftigkeit einen leichten Zugang und Überblick zu verschaffen.

Editorial Design (3. Semester): Laura Müller-Beilschmidt

»Zeilen falten« ist ein dreidimensionales Objekt, das aus mehreren verschiedenen A5 Faltkarten besteht. Auf den Karten ist das Gedicht »zweites sonett« von Ernst Jandl abgebildet. Das Gedicht handelt von Sprache, die in der Gesellschaft misshandelt wird. Sprache hat keine Absicht, sondern dient der Verständigung. »die zeile will die zeile sein« war ausschlaggebend für die Wahl des Gedichts, da sie heraussticht. Die Anordnung und Verschachtelung der Karten soll die vielfältige Verwendung der Sprache darstellen und zeigen, dass Sprache nur Sprache ist.

Bachelorarbeit: Anna Lynn Schemmel
» De gustibus non est disputandum «

Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Obwohl dieses Sprichwort im Wesentlichen die Vorlieben einer Person und deren Sinn für Ästhetik anspricht, trifft es auch auf den eigentlichen Geschmackssinn eines Individuums zu. Denn infolge zahlreicher Einflüsse nimmt jeder Mensch Geschmäcker anders wahr und reagiert unterschiedlich auf diese Eindrücke, wodurch sich diese nur schwer in objektiver Weise grafisch darstellen lassen. Es stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Geschmacksrichtungen, die der Mensch erfassen kann, auf ihn wirken und wie er diese wahrnimmt. Daher soll in diesen Heften für die einzelnen Geschmacksqualitäten eine universelle Farb- und Formsprache erarbeitet werden, mithilfe derer die Geschmäcker anschließend in verschiedenen Kompositionen dargestellt werden können.

Um ein Verständnis für das Thema Geschmack zu erhalten, konzentriert sich die Arbeit zunächst auf die verschiedenen Aspekte dieses Sinnes und seine Bedeutung und Auswirkungen auf den Menschen im Alltag. In Form einer Umfrage wurden verschiedenste Assoziationen der Befragten zu den Geschmacksqualitäten gesammelt, die als Basis für die Umsetzung der Plakate dienten.

Visualisierung (1. Semester): Magdalena Stricker
Ein Leben – fünf verschiedene Kreisobjekte, fünf verschiedene Höhen, fünf verschiedene Bedeutungen.

Der vollste und höchste Kreis stellt die Geburt dar, das Leben liegt noch vor sich, alles muss noch erlernt, verstanden und erkannt werden. Im Laufe der Zeit nimmt die Fülle der Kreise ab. Der darauffolgende Kreis beginnt bereits abzunehmen, er stellt das Kindesalter und die Adoleszenz dar, in dieser Phase wird bereits gelernt, verstanden, es werden eigene Entscheidungen getroffen. Direkt darauf schließt das Erwachsenenalter an, den Kreisen nach zu beurteilen ist das halbe Leben bereits vorbei, dabei wird die Zeit mit Familie und Arbeit verbracht. Das Greisenalter ist die Zeit der Rente, man lebt wieder auf, unternimmt Reisen, oder aber Krankheit und Schmerz bestimmen den Alltag, vielleicht auch die Einsamkeit. Der kleinste und letzte Kreis stellt den Tod dar, das ganze Leben ist vorbei, die Dynamik der Kreisform erlischt, der Lebenskreis endet – da ist er, der Tod.

Fotos: Janina Engel
Werkschau der MD.H München

Die alljährliche Werkschau findet heuer am Mittwoch, den 7. März, wie stets in den Räumlichkeiten der MD.H München statt.

In den zurückliegenden Wochen haben die Studierenden des Fachbereichs Media Design Josef-Joachim Schuster, Janina Engel, Jan-Marc Zublasing, Nico Janson, Thomas Fäckl, Tanja Aigner und meine Wenigkeit beharrlich und doch inspiriert geschuftet: Es wurden Plakate entworfen, Einladungen gestaltet, eine Postkartenserie entworfen und auch ein Foto-Shooting organisiert. Letzteres haben die engagierten Fotografen Jan und Nico mit studentischer Begeisterung und professioneller Routine organisiert und umgesetzt. Die Plakatserie zur Werkschau stammt von Josef-Joachim Schuster.

Insgesamt kann sich das Ergebnis, das in diesem Jahr alle Fachbereiche portraitiert, mehr als sehen lassen – und es sollte von Interessierten gesehen werden! [Werkschau 2018, Webseite, Adresse: MD.H, Claudius-Keller-Straße 7, 81669 München, Öffnungszeiten: 10:00–14:00 Uhr, 18:00–22:00 Uhr]

Ich danke an dieser Stelle dem Team für den enormen Einsatz.

Vier Jahreszeiten – Weather Patterns
Visualisierung (1. Semester): Janina Engel

Wie kann Papier so arrangiert werden, dass allein Struktur & Haptik ein neuartiges und charakteristisches Gesamtbild ergeben?
Bei der Aufgabenstellung, die vier Jahreszeiten zu visualisieren, entschloss ich mich auf Papier zu beschränken. Durch das Übereinanderlegen unterschiedlicher geometrischer Formen aus Papier entstand eine interessante Struktur, die den Anschein hat gefaltet oder geschnitten zu sein.  Die Höhen und Tiefen sowie die Platzierung der Formen und die Lichteinwirkung ergeben unterschiedliche Schattenbilder, die eine eigene Stimmung transportieren, den Jahreszeiten entsprechend. Ziel war es, dass jede Jahreszeit für sich stehen kann, aber auch in Verbindung mit den anderen Jahreszeiten ein harmonisches und stimmiges Gesamtbild ergibt.

Der Frühling wird durch die neigende Diagonale, den Halbkreisen für die aufgehende Sonne und die positiven und negativen Dreiecke symbolisiert. Im Frühling erwacht alles Leben, eine Auferstehung nach langer Winterstarre. Der energiereiche Sommer mit seiner strahlenden Fülle wird durch spielerische Platzierung der Formen unterschiedlicher Geometrien symbolisiert. Die Sonne findet sich im Kreis wieder und wirkt so mächtig über das gesamte Bild aus. Durch eine leichte Disharmonie der Linien und der kalt wirkenden Formen wird der Herbst symbolisiert. Das Leben zieht sich nun zurück und verzehrt die letzten Sonnestrahlen. Zu guter Letzt wird der Winter durch klare, lange Linien, negative Neigungen und der wenig harmonischen Diagonalen dargestellt. Die Eiseskälte findet sich in den spitzen, hart wirkenden Dreiecken wieder.

»Certificate of Typographic Excellence« für die Schriftanalyse der Genath
Typografie (2. Semester): Janina Engel, Dorothée Martin

Die Semesterarbeit »Genath—Eine Schriftanalyse« wurde beim diesjährigen Communication Award des Typedirectors Club in New York mit dem »Certificate of Typographic Excellence« ausgezeichnet. Die Analyse beschäftigt sich detailliert mit der von François Rappo entwickelten Schrift »Genath«. Inspiriert von einer Schriftprobe aus dem Jahre 1720 von Johann Rudolf Genath veröffentlichte François Rappo 2011 die weiterentwickelte und digitalisierte gleichnamige Schrift. In einem ausführlichen Interview mit dem renommierten Typografen wurde ein Einblick in die Gestaltungshintergründe seiner Werke gewährt.

Schriftanalyse der Futura
Typografie 2. Semester: Elisabeth Koster, Elena Traurig

Mit der Entwicklung der Futura feierte Paul Renner (1878–1956) seine größten Erfolge in der modernen Welt der Typografie. Auch heute – 90 Jahre nach Veröffentlichung – wird sie immer noch als modern empfunden und prägt seither das Erscheinungsbild vieler großer Marken sowie den Auftritt zahlreicher Printmedien.

Inspiriert durch das »Neue Frankfurt«, die »Neue Typografie« und das »Bauhaus« begann Renner im Sommer 1924 mit der Schriftentwicklung. Ziel war es nach seinen eigenen Worten, eine Druckschrift zu entwerfen, welche als »Schrift unserer Zeit« gelten könne.

Ästhetik und Funktionalität verbinden, Ballast abwerfen, die Gestalt erneuern und klare Brüche mit dem Alten sind die Grundgedanken der Groteskschriften dieser Zeiten. Der entscheidende Unterschied der Futura und somit das Geheimnis ihres Erfolges besteht in ihrer Verbindung zu den Wurzeln der römischen Capitalis Monumentalis.

Als typografischer Pionier erschuf Renner eine Schrift, die Tradition und Moderne auf innovative Weise verbindet und somit die Ansprüche des typografischen Handwerks und der modernen Ästhetik vertritt. Aufgrund dieser Eigenschaften fand die Futura schnell Bedeutung im internationalen Kontext und besitzt diese immer noch, nach nunmehr immerhin 90 Jahren. Paul Renner war nicht nur Vater der Futura, er besaß ein gestalterisches Universaltalent und war des weiteren Maler, Buchgestalter, Designer, Kunsttheoretiker und Lehrer.

Weihnachsaktion 2017: Janina Engel, Dorothée Martin, Nico Janson

Die diesjährige Weihnachtsaktion, realisiert von Doro, Nico und Janina, greift die ursprünglichste, abstrakteste grafische Form auf, die mit Weihnachten verknüpft ist: den Stern. Sterne finden sich in allen Kulturen, in verschiedensten Zusammenhängen, auf Oberarme tätowiert, auf Kühlerhauben montiert, auf revolutionäre Pamphlete gedruckt – und doch ist der Weihnachtsstern, der Wegweiser der drei Weisen aus dem Morgenlande,  als solcher sofort und ohne Umschweife zu verstehen. Deshalb darf er in diesem Jahr als schlichtes, klares Symbol der Weihnachstzeit die Räumlichkeiten der MD.H schmücken. Aus Papier akribisch gefaltet, aus sechs Einzelteilen reichlich kompliziert zusammengefügt birgt der Stern unweigerlich aufgrund seines Herstellungsprozesses etwas, was paradoxerweise gern verloren geht in dieser Vorweihnachtszeit: Ruhe, kontemplative Klarheit und – überkonfessionell formuliert – »buddhistisch-meditative Hingabe«.

Mit eben solcher geduldiger Hingabe haben die Media Designer Doro, Janina und Nico (unterstützt durch Kommilitonen und Dozenten) ein wahres Sternenmeer an »Origami-« und »Omegasternen«, gefalten – das Ausgangspapier selbst ist zudem mit einem raffinierten typografischen Raster im Corporate Design der Hochschule versehen. Die typografischen Sternketten lassen ein kunstvolles Weihnachtsambiente in der Haupthalle der Hochschule entstehen.

Die digitale (weihnachtskarte2017/) sowie analoge Weihnachtskarte enthalten eine Faltanleitung als Video sowie in fotografischer Form. Die Sterne für Nachahmer stehen also günstig. In diesem Sinne …

Fotos: Nico Janson, Sybille Schmitz