Stehsatz

10 Zeichen für die Meister des Bauhauses – anlässlich des Jubiläums im kommenden Jahr
Umsetzung im Siebdruck: Antonia Aschenbrenner, Thomas Fäckl, Marcel Heß, Benedikt Hörmannsdorfer, Sakuya Miesczalok, Marina Scalese, Florian Kiefer, Magdalena Stricker, Stephanie Moll, Sofia Wanda Wittmann

Das Bauhaus – heute weltbekannte Kunstschule und international maßgeblicher Wegbereiter der Moderne wurde 1919 durch den Architekten Walter Grophius in Weimar gegründet. Kunst, Handwerk und Industrie sollten – so der Gedanke – eine Einheit bilden. Eine ganze Reihe prominenter und facettenreicher Persönlichkeiten lehrte und experimentierte hier, es entstanden richtungsweisende Gestaltungsprinzipien, die bis heute das Denken in Industriedesign, Architektur und Gestaltung prägen. 2019 jährt sich die Gründung des Bauhauses zum 100. Mal. Dies sollte uns Anlass sein, die Gestaltungshochschule selbst ebenso wie seine herausragenden Köpfe zu würdigen. Neben den großen, sehr bekannten Namen wie Lásló Moholy Nagy, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Lionel Feininger, Oskar Schlemmer und Paul Klee gab es eine Vielzahl heute namentlich weniger bekannter, aber nicht minder interessanter MeisterInnen, WerkstattleiterInnen und Lehrer sowie mit ihnen verbundene Gestaltungslehren.

Die MD1017 hat nun für 10 ausgewählte Persönlichkeiten, diese waren nach Neigung wählbar, ein singuläres Zeichen entwickelt. Ein solches persönliches Zeichen erhalten haben dabei Gunta Stölzl (Weberei und Textildesign) – die erste Meisterin am Bauhaus, Karla Grosch (Gymnastiklehrerin, legendäre Mitwirkung in Bühnenaufführungen), Joseph Albers (Apologet dieses Geistes auch über die Zeit des Bauhauses hinaus im Blackmountain College in den USA), Herbert Bayer, Paul Klee, Wassily Kandinsky, der Fotograf Walter Peterhans, Fritz Kuhr (bekannt durch die Zusammenarbeit mit Klee), Johannes Itten und Oskar Schlemmer.

Die so entwickelten grafischen Zeichen wurden am 14. Mai in der Münchner Silberfabrik unter tatkräftiger Anleitung von Sarah Braconnier von den Studierenden gedruckt. Dafür mussten Siebe belichtet, ausgewaschen, getrocknet, Formen und Stand genau eingepasst und schließlich eine kleine Auflage eigenhändig gedruckt werden.

Ebenso wie im Buchdruck ist auch beim Siebdruck, einer Schablonendrucktechnik, sehr exaktes und äußerst sauberes Arbeiten unabdingbar. Um die Standgenauigkeit zu erreichen muss eigens eine Anlage gebaut werden. Größte Herausforderung war dabei das dreifarbig angelegte Motiv für Paul Klee, eine mutige Aufgabe, die Florian spielend zu meistern vermochte.

Jener Tag, an dem wir die Technik des Siebdruckes erproben durften, war für uns alle bereichernd und beflügelnd zugleich.

Die dabei entstandenen Motive selbst sind ebenso facettenreich wie die Persönlichkeiten des Bauhauses, und die Resultate geben wiederum die Persönlichkeiten meiner Studenten wieder, ihre Neugier, ihre Experimentierlust und ihre Kreativität. Alles in allem: sehenswert!

Fotos: Sybille Schmitz
Wer sprayed noch nicht, wer will noch mal. 
Eine Kultur voller bunt gemischten Straßenkünstlern zieht nicht nur Zuschauer in ihren Bann, sondern inspiriert Menschen jeglichen Alters ihre farbenfrohen Ideen an die Wand zu sprühen.

Es ist Mai und abgesehen von den entspannenden langen Wochenenden die wir drei Mal hintereinander genießen dürfen, spielt das Wetter auch mit. Man könnte fast meinen wir hätten den Frühling ganz übersprungen. An solchen sonnenüberflutenden Tagen findet man die Münchener Gesellschaft in den grünen Landschaften, in den überfüllten Straßen und mit Aperol und Bier in den Bier- und Schanigärten die die Stadt zu bieten hat. Für diejenigen die die Menschenmassen eher meiden wollen, hat Minna auch viel zu bieten: Seit 21ten April ist der Bahnsteig des Bahnwärter Thiels am Schlachthof wieder geöffnet und garantiert für zahlreiche Veranstaltungen der Sonderklasse. Auch am Christi Himmelfahrt Wochenende wurde für »freshe« Unterhaltung gesorgt. Zwei Tage lang konnten sich Graffiti-affine Menschen von talentierten Straßenkünstlern inspirieren lassen. Es wurde ganztägig gesprayed, getrunken und abends miteinander gegrillt. Ob Jung oder Alt, jeder konnte sein Talent auf den Wänden der Kulturcontainer unter Beweis stellen. Aber auch als Zuschauer war für Unterhaltung gesorgt. Mit toller musikalischen Untermalung konnten Schaulustige entspannt an kühlen Sommergetränken schlürfen und kleinen Kindern zusehen wie sie ihre künstlerischen Qualitäten nicht nur an den Mauern, sondern auch an sich selbst (höchstwahrscheinlich nicht absichtlich) testeten. Das Schlachthof Graffiti Jam war ein farbenfroher Erfolg und zeigte wieder einmal das auch dieses Jahr der Bahnsteig des Bahnwärter Thiels ein Muss für jeden ist der eine Alternative zum herkömmlichen Münchner Leben sucht.

 Fotos: Janina Engel
Bachelorarbeit: Katharina Krepil
Die japanische Аsthetik. Ein Kontrast zwischen Minimalismus und Kawaii-Kultur.

Japan ist ein Land mit vielen Facetten und Gegensätzen. Am wohl auffälligsten ist der Kontrast zwischen Tradition und Popkultur. Minimalistische Gestaltung steht einer bunten Reizüberflutung gegenüber. Besonders der kindliche Kawaii-Stil (zu Deutsch niedlich, süß) mit seinen rundlichen Formen und übertriebenen Proportionen ist typisch für die Ästhetik des Landes. Diese zwei Stile sind Thema der Arbeit.

Um gerade aus westlicher Sicht ein Gespür für die beiden Prinzipien zu bekommen, wird der Kontrast mithilfe eines illustrierten Memory-Kartenspiels verdeutlicht. Der Betrachter kann sich spielerisch mit dem Thema auseinandersetzen, indem er nicht zwei identische Karten, sondern ein Paar bestehend aus einem Motiv in den zwei unterschiedlichen Stilen sucht.

Das minimalistische Zeichensystem beruht zum einen auf dem Wabi-Sabi-Prinzip, welches besagt, dass Dinge erst dann schön sind, wenn sie bereits einen Alterungsprozess und eine gewisse Abnutzung erfahren haben. Zum anderen basiert es auf dem japanischen Farbholzschnitt. Der gewählte Kawaii-Stil setzt sich hingegen aus kräftigen bunten Farben, dicken und kindlich wirkenden Konturlinien und einer runden Formsprache zusammen.

Editorial Design (3. Semester): Janina Engel

Der Reigen von Arthur Schnitzler ist ein gesellschaftskritisches Schauspiel mit Bezug zu Wien um 1900. Es beschäftigt sich auf spielerische Art mit der Ungleichstellung zwischen den Geschlechtern und der Darstellung des Frauenbildes, welche sich durchaus auch noch auf die heutige Zeit übertragen lässt. In 10 Szenen erläutert Schnitzler die Frauenbilder, Emanzipation, Misogynie sowie die Unterschiede und Ähnlichkeiten der Gesellschaftsklassen. Es begegnen sich unterschiedliche Charaktere, vollziehen den Geschlechtsakt, trennen sich und treffen in der weiteren Szene auf einen neuen Partner/eine neue Partnerin. Der Reigen ist ein nie endender Kreis. Das Theaterstück war 1903 ein gewaltiger Skandal und konnte erst 1920 in Berlin wiederaufgeführt werden.

Mit der gezielten Wahl nur die aussagekräftigen Teile des Dialoges vor und nach dem Geschlechtsakt werden die Gemeinsamkeiten jeder Szene deutlich. Die Gesellschaftsklassen verschwinden und nur der Mensch bleibt. Nicht nur die Personen verbinden die Szenen, auch das Verhalten zwischen Mann und Frau ändert sich nur selten. Die anfängliche Abneigung der Frau wechselt zur Anhänglichkeit und die Erregung des Mannes zu kalter Ablehnung.

Freie Schriftarbeit (1. Semester): Sofia Wittmann

Die freie Schriftarbeit hatte keine Vorgaben, deshalb habe ich mich dafür entschieden, ein Wort, mithin etwas eigentlich statisches durch etwas dynamisches, präziser durch Bewegung akrobatisch darzustellen. Mit Hilfe einer Gruppe junger Tänzerinnen haben wir in einer spontanen Choreografie das Wort »ALLEIN« dargestellt – eine contradictio per se. Gerade das Improvisierte, nicht das Perfekte der geturnten Buchstaben macht den Reiz des Lesens aus. Der Betrachter nimmt sich die Zeit den Tanz zu entschlüsseln, eben weil man es nicht auf den ersten Blick erkennt.

Bachelorarbeit: Sara Donati
Mimikri – Mensch und Tarnung

In ihrer Bachelorarbeit untersucht Sara Donati mittels fotografischem Experiment inwieweit sich der Mensch im Stadtraum tarnen kann, also optische Verbindungen mit modernen urbanen architektonischen Strukturen bis hin zur gänzlichen Verschmelzung eingehen kann. Ihre Versuche führte sie an unterschiedlichen Orten in München – dem Brandhorst Museum, der BMW Welt, der Herz-Jesu Kirche sowie diversen U-Bahn Stationen – durch. Entstanden ist eine grafisch sehr reizvolle, aber auch skurille Fotoserie, die die achtlos hetzenden Stadtmenschen durchaus zu neuer Aufmerksamkeit, ja vielleicht zu erfrischendem Mißtrauen dem Alltag gegenüber anregen kann.

Editorial Design (3. Semester): Dorothée Martin, Elisabeth Koster

Ab wann kann ein Wort, welches mittels unterschiedlicher Systeme verfremdet wurde, gelesen werden? Um dieser Frage nachzugehen wurden sechs Wörter auf unterschiedliche Weise unkenntlich gemacht. Es wurden einzelne Buchstabenteile bis hin zu ganzen Buchstaben ausgelassen, sie wurden in Teilkörper zerlegt, neu zusammengesetzt, zusammengeschoben, entzerrt und leicht versetzt. Innerhalb dieser Systeme gibt es sechs Stufen der Verfremdung, um den Punkt der Lesbarkeit ausfindig zu machen.

Beschäftigt haben wir uns dazu mit der Wahrnehmung im allgemeinen Sinne, mit der Wahrnehmung im psychologischen Sinne, den Gestaltgesetzen, insbesondere mit dem Gesetz der Erfahrung, der Objektwahrnehmung mittels Zerlegung in elementare Teilkörper von Irving Biederman, der Schriftform und der Lesbarkeit sowie den morphologischen Tafeln von Adrian Frutiger.

Zusätzlich wurde ein Objekt gefertigt, um das man im Raum herumschreiten kann und den im Heft angewandten Systemen folgt. Das Wort ist erst dann zu erkennen, wenn das Objekt aus dem richtigen Winkel betrachtet wird –wird es das nicht, sind lediglich einzelne Buchstabenteile zu erkennen, die sich beim weiteren Bewegen um das Objekt herum zu einem Wort zusammenfügen.

Bachelorarbeit: Lilian Karr
Keine falsche Scham

Den weiblichen Körper als geheimnisvolles Sujet zu bezeichnen mag im ersten Moment erstaunlich wirken, bei näherer Betrachtung spricht jedoch viel dafür, dass trotz weitverbreiteter visueller Präsenz des beinahe unbekleideten Frauenkörpers genaues Wissen über maßgebliche Details rar ist. Auch heute fehlen einigen jungen und auch nicht ganz so jungen Frauen Akzeptanz und genaue Kenntnis jener signifikanten Teile des eigenen Körpers, die biologisch als primäre Geschlechtsmerkmale bezeichnet werden. Die Werte, die von der eigenen Familie, von der Schule und selbst von Freundinnen vermittelt werden, spielen in dieser Beziehung zum eigenen Körper eine wesentliche Rolle. Immer noch herrscht hier oft im wahrsten Sinn des Wortes oberflächliches Halbwissen.

Um dem weiblichen Geschlecht die positive visuelle Umschreibung zu geben, die es verdient, um Frauen einen angenehmen Zugang zu eben diesem zu ermöglichen, und um über die wichtigsten Funktionen aufzuklären ist diese Arbeit entstanden.

Es gibt umfangreiches Material zum Thema des weiblichen Körpers, das allerdings oft als ungeeignet für einen entspannten Umgang scheint. Entweder schrecken medizinisch – anatomische Abbildungen die Zuseherin von vornherein ab, oder die Darstellungen erinnern an pornografisches Material. Meine Arbeit hingegen geht künstlerisch gestaltend an diese Aufgabe heran und versucht durch konkrete Details und gleichzeitige Symbolhaftigkeit einen leichten Zugang und Überblick zu verschaffen.

Schrift (1. Semester): Marina Scalese

Ihre ersten Schriftübungen zur »Capitalis Quadrata« verziert Marina Scalese gekonnt mit einem kunstvollen, handgezeichneten Initial-A. Filigrane Formen, kraftvolle wie feine Schwünge kennzeichnen das detailverliebte wie formschöne Zeichen. Stark historisierend, wie aus einer anderen Zeit, auf dünnem, gelblichem Büttenpapier angelegt, mit eigens gezeichnetem Zierrahmen bildet dieses Initial den harmonischen Ausgleich zur statischen Versalschrift »Capitalis Quadrata«. Gelungen.

Fotos: Janina Engel
Editorial Design (3. Semester): Laura Müller-Beilschmidt

»Zeilen falten« ist ein dreidimensionales Objekt, das aus mehreren verschiedenen A5 Faltkarten besteht. Auf den Karten ist das Gedicht »zweites sonett« von Ernst Jandl abgebildet. Das Gedicht handelt von Sprache, die in der Gesellschaft misshandelt wird. Sprache hat keine Absicht, sondern dient der Verständigung. »die zeile will die zeile sein« war ausschlaggebend für die Wahl des Gedichts, da sie heraussticht. Die Anordnung und Verschachtelung der Karten soll die vielfältige Verwendung der Sprache darstellen und zeigen, dass Sprache nur Sprache ist.