Stehsatz

Buchobjekt: Das Faß Amontilliado
Unikatbuch (4. Semester): Katrin Eder

Wie schon im vorangegangenen Beitrag findet sich auch hier in der Arbeit von Katrin Eder die Geschichte »Das Fass Amontillado« von Edgar Allan Poe als Unikatbuch umgesetzt. Katrin Eder schuf hierfür ein Objekt, das den langen, unheilvollen Weg in den dunklen Keller des Palazzo und schließlich in das Verderben verdeutlicht.

Das dreidimensionale Objekt vertieft sich in Stufenform. Dabei ist die Geschichte — akkurat in der Proxima Nova gesetzt — in sorgfältigem Satzspiegel Seite für Seite in Stufenform angeordnet. Die Seiten werden von Stufe zu Stufe immer dunkler und das Objekt von Stiege zu Stiege immer tiefer. Auf den Erhöhungen respektive Zwischenelementen befinden sich dabei, stichpunktartig arrangiert, die Gedanken des Protagonisten Montresor wieder, die im Laufe der Geschichte immer düsterer werden und ihren Höhepunkt im Mord des (insgeheim verhassten) »Freundes« finden.

Der Leser, die Leserin muss gewissermaßen im Akt des Lesens den unkomfortablen Weg der beiden Männer verfolgen und den unaufhaltsamen Niedergang nachvollziehen — eine eindrückliche und in Buchform kaum je zuvor erlebte Immersion!

Fotos: Nico Janson
Bachelorarbeit: Katharina Lutz

In dieser Arbeit, die das persönliche Ziel der Zurückgewinnung von Entschleunigung verfolgt, wird sich in einem Versuch, den »Rhythmus des Lebens« und damit die Kreativität zu beleben, mit analogen gestalterischen Methoden im Rahmen eines Selbstexperiments in der Druckwerkstatt auseinandergesetzt. Dadurch soll der Beschleunigung des Alltags des Grafikdesigners, der sich vorwiegend im digitalen Raum aufhält, entgegengewirkt werden.

Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Arbeit, sollen allen Menschen, die der Beschleunigung ebenso entkommen möchten und die sich für grafische Arbeiten interessieren, zeigen, ob das Ziel der Suche nach Entschleunigung und neuer Modernität – gemäß der Vermutung – durch analoges Experimentieren zu erreichen ist.

Um die Durchführung der praktischen Arbeit, die sich auf umfassende Forschungsarbeit zur gesellschaftlichen und gestalterischen Thematisierung der Entschleunigung und Beschleunigung sowie analogen und digitalen Arbeiten im Grafikdesign auseinandersetzt, an dieser Stelle zu erklären, muss kurz das Vorgehen im Experiment beschrieben werden. Zu Beginn entstehen bewusst und ohne konkrete Grenzen, um Materialbewusstsein zu gewinnen und dadurch über die Bedienung aller Sinne Inspiration zu erfahren, Versuche mit Grundformen und Farbe im Druck. Diese führen schließlich zur Entwicklung der im Zentrum stehenden Visualisierungsidee eines abstrakten Alphabets.

Das Alphabet der Entschleunigung von A bis Z, dessen Einzelzeichen aufwendig händisch entwickelt werden, lädt auf eine visuelle und haptische Auseinandersetzung mit Entschleunigung ein. Es legt den Fokus auf die Formensprache und rückt dabei den physischen Entstehungsprozess, der maßgebliche Einfluss auf Wirkung und Optik der grafischen Endformen nimmt, in den Vordergrund.

Die Arbeit gibt es auf der Werkschau am 09. März 2023 in der Druckwerkstatt der MD.H in der Neumarkter Strasse 22 zu sehen.

Fotos: Katharina Lutz, Redaktion: Sybille Schmitz
The greatness of the Cyrillic alphabet and its fall in modern times.
Bachelorarbeit: Nikol Stancheva

Das kyrillische Alphabet ist eine Gruppe von Alphabetsystemen, die hauptsächlich von slawischen Völkern verwendet werden. Es entstand im 10. Jahrhundert und wurde erstmals in der altbulgarischen Literatursprache verwendet. Heute ist es nach Latein und Griechisch das dritte offizielle Alphabet der Europäischen Union und wird von über 250 Millionen Menschen in mehr als 20 Ländern weltweit verwendet. Insbesondere in Bugarien gehörte es lange zum Selbstverständnis der Bevölkerung, in den 1990er Jahren folgte — bedingt durch Digitalisierung und Öffnung zum Westen — der Umstieg zum römischen Alphabet.

In jüngster Zeit erlebt das Kyrillische eine Renaissance im Design, insbesondere in der Modebranche, da es bekannten Symbolen eine einzigartige und exotische Note verleiht. Trotz ihrer traditionellen Wurzeln kann die kyrillische Schrift an modernes, internationales Design und auch an eine mondäne Kultur angepasst werden, wie diese Kampagne zeigen soll.

Die Abschlussarbeit »Bulgarian identity disorder« untersucht das kyrillische Alphabet in seiner bulgarischen Form, seine Geschichte, Verwendung und Abwesenheit in der modernen Gesellschaft. Das Augenmerk liegt darauf, wie schmerzhaft das Verschwinden des Kyrillischen in den zurückliegenden Dekaden die bulgarischen Identität getroffen hat. Mit einer Reihe von Plakaten will die Kampagne die Schönheit und Bedeutung der bulgarischen Kultur und ihres kyrillischen Alphabets herausstellen. Diese postmodernen Plakate kehren die »trendige« Schreibweise bulgarischer Wörter in lateinischer Sprache um und präsentieren stattdessen englische Wörter in kyrillischer Schrift. Sie zeigen, wie traditionelle bulgarische Elemente mit modernen Layouts kombiniert werden können, um die Beziehung zwischen Tradition und Globalisierung, West- und Osteuropa, Wurzeln und Gegenwart darzustellen. Das Projekt richtet sich in erster Linie an zwei Gruppen: Ausländer, die die kyrillische Schrift kennen lernen möchten, und junge Bulgaren, die die Schönheit ihres eigenen Alphabets nicht mehr zu schätzen wissen. Ziel der Kampagne ist es, die Bedeutung und Schönheit traditioneller bulgarischer Elemente hervorzuheben und zu unterstreichen, wie wichtig die Bewahrung der eigenen Kultur angesichts der rasanten Globalisierung ist.

Die Arbeit gibt es auf der Werkschau am 09. März 2023 in den neuen Räumlichkeiten der MD.H in der Neumarkter Strasse 22 zu sehen.

Redaktion: Sybille Schmitz
Gestaltungskonzept (MD 1021): Katrin Eder, Lilli Hartig, Luca Tommaso Stimming
»0816« wir sind anders

Unter diesem Motto präsentieren die Bacheloranden des Fachbereiches Media Design der mdh in München ihre Abschlussarbeiten. Das Konzept für die diesjährige Werkschau wurde von den Studierenden Lilli Hartig, Katrin Eder und Luca Tommaso Stimming entwickelt und wird vom gesamten Kurs der Media Designer 1021 realisiert.

Es beinhaltet das grundlegende Erscheinungsbild, diverse Werbemaßnahmen sowie einen Internetauftritt.

Dabei beschreibt Motto »0816« – das auf den Begriff ­»nullachtfünfzehn« anspielt – die vielseitigen, oft außergewöhnlichen und manches Mal auch extravaganten Ideen eines Designers. In jedem Falle lässt ein Designer, eine Designerin das sprichwörtliche »nullachtfünfzehn« hinter sich, was bekanntlich für eine durch und durch mediokre, epigonale und daher im Grunde belanglose Sache steht.

Die Absolvierenden haben nun in ihren Bachelorarbeiten, der Mittelmäßigkeit entgegenwirkend, der Kreativität keine Grenzen gesetzt und so ihre eigenen, individuellen Ideen realisiert. Diese Arbeiten werden am 09. März 2023 am neuen Standort der mdh München – in der Neumarkter Straße 22 – vorgestellt. Die Abschlussarbeiten bewegen sich in den Themenbereichen Fotografie, UX-Design, Motion Design, 3D Design, Medieninstallation, Editorial Design und Kommunikationsdesign. Das Besondere bei der diesjährigen Werkschau ist, dass nicht nur die Bachelorarbeiten der genannten Bereiche vorgestellt werden, sondern parallel dazu auch die allgemeine Standorteinweihung stattfindet.

Unikatbuch (4. Semester): Anna Lea Trumpetter

»Monster: Die Achterbahn« ist der Titel einer Kurzgeschichte von BJ Novak. Darin entwirft der Künstler Christo eine Achterbahn – seiner eigenen Aussage nach seinem inneren Wesen entsprechend – und lädt zwölf Personen ein, sie zu testen. Die Reaktionen sind unterschiedlich, einige sind begeistert, andere abgestoßen. Relativ einig sind sie sich jedoch bei der Namensgebung der Achterbahn: Monster.

Die Diskussion, die sich um die Benennung der Achterbahn entspinnt, nutzt Anna Lea Trumpeter für die typografische Interpretation der Kurzgeschichte in Form eines Unikatbuches. Sie ordnet und strukturiert Texte, um die Ups und Downs der Achterbahn respektive die Höhen und Tiefen des Lebens zu visualisieren. Textstrukturen und Spaltenanordnungen finden sich spielerisch durcheinander gewirbelt.

Das Unikatbuch selbst ist eine Reihe von negativ — also weiss auf schwarz gesetzten Texten — die Seite für Seite in einem Block angeordnet sind.

Fotos: Felix Stoffel
Schriftanalyse und Buchgestaltung (2. Semester):
Katrin Eder, Luca Tommaso Stimming

Die Didot ist eine klassizistische Schrift mit eleganter, ja vornehmer Anmutung. Sie inspiriert Typografen auch heute noch und ist Vorbild vieler moderner Schriftinterpretationen. Diese ehrwürdige Schrift wurde von der Druckerfamilie Didot im 18. Jahrhundert entwickelt und erlangte seiner Zeit sehr viel Aufmerksamkeit in ganz Europa. Die Schnitte, allesamt aus der Hand von Firmin Didot, überzeugten durch unglaubliche Präzision.

Adrian Frutiger digitalisierte die 1784 von Firmin Didot gestaltete klassizistische Antiqua, sie erschien 1991 bei Linotype. Auffällig ist ihr extrem hoher Strichstärkenkontrast und ihre scheinbar mit Zirkel und Lineal konstruierte Form. Trotz ähnlicher Formen der verschiedenen Zeichen, vor allem bei den Serifen, ist jedes einzelne dennoch individuell und einzigartig.

Uns ist die Schrift sofort ins Auge gesprungen, deshalb war schnell klar, dass wir ihr unser Buch widmen wollen. Das ganze Buch sollte dem Stil der Schrift folgen — das heißt, Ruhe und Eleganz ausstrahlen. Daher entschieden wir uns für eine einfache Blindprägung auf dem Cover und das Farbschema weiß – lila. Wichtig war uns eine genaue Analyse der einzelnen Zeichen, genauso wie der Vergleich mit zwei ähnlichen Schriften, nämlich Bodoni und Baskerville. Abgeschlossen wird das Buch mit einigen aktuellen Anwendungsbeispielen, die den Überblick über die lange und ungebrochene Historie der Didot durch die Jahrhunderte beenden.

Fotos: Katrin Eder, Luca Tommaso Stimming, Redaktion: Sybille Schmitz
Project Communcation Design II (4. Semester): Digitales Magazin ’naus
Mona Kerntke, Josephin Oschmann, Anna Lea Trumpetter

»’naus« ist ein Independent Magazin für Studenten und junge Erwachsene, das am Ende eines jeden Semesters erscheinen soll. Das Magazin wirft den Blick hinaus (daher der Name) in die Welt – mit all ihren Möglichkeiten, Problemen und Anforderungen in der heutigen Zeit. Dieser Blick will kritisch, aber auch optimistisch sein: Wege wie auch Persönlichkeiten, die auf nachhaltige und verantwortungsvolle Weise Perspektiven für junge Menschen aufzeigen, werden hier aufgegriffen und vorgestellt. Gestaltungsmöglichkeiten, Freizeitaktivitäten, inspirierende Orte, Restaurants und Bars, Veranstaltungen und Initiativen stehen im Vordergrund, alles im Hinblick auf eine zukunftsfähige Welt und ein lebenswertes München.

Das Magazin beinhaltet Interviews, Reportagen, Geschichten, sachliche Berichte wie auch persönliche Meinungen und wird nicht durch Werbung unterstützt. Zusammengefasst: »’naus« soll jungen Erwachsenen ermöglichen, die Stadt wie auch das Umland besser kennenzulernen, aber auch Inspiration bieten für ein nachhaltiges Leben und Wirken.

© Mona Kerntke, Josephin Oschmann, Anna Lea Trumpetter; Redaktion Beitrag: Sybille Schmitz
Typografie (2. Semester): Lilli Hartig, Philipp von Soden

Erik Spiekermann ist einer der bekanntesten Schriftentwerfer im deutschsprachigen Raum. Schriften wie die ITC Officina und die FF Meta Schriftsippe stammen von ihm, darüberhinaus hat er mit Größen wie Neville Brody, Günter Gerhart Lange oder Christian Schwartz zusammengearbeitet.

Daher mag es nicht verwundern, dass sich Lilli Hartig und Philipp von Soden in ihrer Semesterarbeit für die Analyse der FF Meta, die auch heute noch durch ihre unverwechselbare und eigenständige Dynamik überzeugt, entschieden. Die Schrift, eine humanistische Grotesk, war von Erik Spiekermann in der ersten Variante unter dem Namen PT55 als Hausschrift für die Deutsche Bundespost entworfen worden; diese lehnte ihren Einsatz jedoch ab. Als eine der ersten FontFont Schriften wurde sie u.a. mit Mediävalziffern reich ausgebaut und schließlich in Kooperation mit Just van Rossum und Erik van Blokland umgesetzt. 1991 veröffentliche Spiekermann die FF Meta beim »FontShop International«.

Das Buch der Studierenden porträtiert dabei zunächst die Person Spiekermann und zeichnet seinen Werdegang nach. Die anschließende Schriftanalyse untersucht Besonderheiten der FF Meta, die Ausgestaltung der Einzelzeichen sowie die Zurichtung. Darauf folgt ein Schriftvergleich innerhalb der Gruppe der humanistischen Serifenlosen. Prägnante Zitate von Erik Spiekermann leiten die einzelnen Kapitel ein.

Fotos: Lilli Hartig, Redaktion: Sybille Schmitz
Crossmedia Projekt Communication Design II (4. Semester): Felix Stoffel, Anja Hergl, Alicia Lindner, Peter Prieth, Lisa-Sophie Rid

100dB ist ein digitales Magazin im Tablet-Format mit dem Fokus auf die Münchner Musikkultur. In vierteljährlichen Ausgaben wird eine konkrete Musikrichtung und die damit einhergehenden Themen wie Modestil, die angesagten Clubs, Insider-talk sowie auch Newcomer aus dieser Szene beschrieben. So soll es den Lesern möglich sein, die verschiedensten Facetten der Münchner Szene kennenzulernen, auf neue Trends, neue Musikrichtungen aufmerksam zu werden — am Puls eines »urban lifestyles« zu horchen. Das Magazin ist gestalterisch ein Abbild der gezeigten Szene und transportiert die Atmosphäre der jeweiligen Musikrichtung bzw. Subkultur.

Der Titel 100dB ist aufgrund des Zusammenhangs zur Musik gewählt. »dB« steht für die Einheit Dezibel und wird direkt mit dem Thema Musik assoziiert. 100dB evoziert das Bild eines von wummernden Bässen pulsierenden Clubs voller junger, feiernder Menschen.

Bei der ersten Ausgabe dreht sich alles rund um die Musikrichtung Techno, an der die Idee des Magazins exemplarisch konkretisiert wird. Weitere Ausgaben werden sich mit den Musikrichtungen Funky Music, FlowerPower, Electro Music, HipHop, Punk Rock und vielen anderen auseinandersetzten. Die Farbauswahl variiert je nach Ausgabe und wird an die Musikgenre des Magazins abgestimmt. Passend zu dem Thema Techno in der ersten Ausgabe, werden vor allem schwarze und knallige Farben/Lichter assoziiert. Durch diverse Audioelemente taucht der Leser noch tiefer in die jeweilige Musikrichtung ein. Musik und Töne wecken Emotionen, erzeugen Stimmungen. So gibt es nicht nur ein visuelles, sondern auch ein auditives Nutzererlebnis.

Layouts: Felix Stoffel, Anja Hergl, Alicia Lindner, Peter Prieth, Lisa-Sophie Rid; Fotos:Jonas Deinmann
Unikatbuch (4. Semester): Lisa-Sophie Rid

Lisa-Sophie Rid nahm BJ Novaks Geschichte »Johnny Depp, das Schicksal und der Hollywood Doppeldecker Bus«, um daraus ein typografisch-experimentelles Unikatbuch zu gestalten. Die Kurzgeschichte handelt vom inneren Kampf des populären Schauspielers, der mit dem Motorrad unterwegs ist, als neben ihm ein Hollywood-Tourenbus mit Touristen erscheint.

Rid führt – der Geschichte gemäß – zunächst leise, auf klassische Art in ihr Unikatbüchlein ein. Mit zunehmendem innerem Kampf des Schauspielers werden die Textanordnungen extrovertierter. Schriftgrade variieren, Texte laufen über Doppelseiten. Auf dem Höhepunkt der Geschichte, an dem alles aus den Fugen zu geraten scheint, lösen sie sich schließlich aus der starren Zeilenformation, und verlassen das Satzgefüge. Passend zum Ort des Geschehens greift sie Begriffe und Elemente aus dem Filmischen auf, beginnend mit einer Aufblende findet sich der Text im Stile von Zelluloid wieder, oder auch aufgefächert wie die Amplituden einer Tonspur. Sehenswert!

Fotos: Felix Stoffel